Migration: Mehrere Landkreise wollen Geflüchtete zu Arbeit verpflichten

In der Diskussion um eine Arbeitspflicht für Geflüchtete haben mehrere Landkreise in Sachsen-Anhalt bereits Pläne. Ein möglicher Einsatzort: Tierheime.

Mehrere Landkreise in Sachsen-Anhalt prüfen derzeit Möglichkeiten, Geflüchtete zu gemeinnützigen Arbeiten zu verpflichten. Wie ein Sprecher des Landkreises Harz am Donnerstag mitteilte, werden derzeit Einsatzmöglichkeiten und Umsetzung geprüft. „Arbeit – auch gemeinnützige – ist für die Integration der Flüchtlinge entscheidend“, betonte Landrat Thomas Balcerowski (CDU). Auch im Landkreis Wittenberg wird nach Angaben eines Sprechers aktuell die Umsetzbarkeit geprüft. Das Asylbewerberleistungsgesetz räume die Möglichkeit von verpflichtenden Arbeitsgelegenheiten ein, hieß es. Sofern die Bedingungen dazu im Landkreis Wittenberg gegeben seien, werde kurzfristig an einer Umsetzbarkeit gearbeitet.

Mitte Februar war das Asylbewerberleistungsgesetz geändert worden und vor wenigen Tagen in der neuen Fassung in Kraft getreten. Darin wurde neu der Satz eingefügt, dass „soweit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient“.

Allerdings habe es auch schon vorher die Möglichkeit gegeben, Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete zu schaffen, erklärten der Salzlandkreis und der Altmarkkreis Salzwedel. Im Altmarkkreis seien bereits in der Vergangenheit Geflüchtete auf freiwilliger Basis im sozialen Bereich eingesetzt worden. Im Salzlandkreis hätten seit mindestens 2018 in 188 Fällen Asylbewerber Arbeitsgelegenheiten ergriffen. Seit Ende vergangenen Jahres liefen Pläne, Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerber in den Tierheimen im Salzlandkreis zu schaffen. Die Arbeiten dort könnten von den wenigen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern nicht komplett geleistet werden. Allerdings seien dafür noch weitere Gespräche mit allen Beteiligten notwendig.

Der Präsident des Landkreistags Sachsen-Anhalt und Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), hält die Forderung für richtig, „dass Asylbewerber verpflichtet werden sollten, zügig nach ihrer Ankunft eine zumutbare Arbeit anzunehmen“. Gleichzeitig müssten die Arbeitsagenturen verpflichtet werden, die Asylbewerber auch entsprechend zu vermitteln, sagte Ulrich. Er unterstütze zudem die Forderung, dass Geflüchtete stärker in den Arbeitsmarkt integriert werden. „Unternehmen und Betriebe sollten Geflüchtete stärker als bislang einstellen, insbesondere wenn sie noch nicht über gute Deutschkenntnisse verfügen“, sagte Ulrich. „Der Spracherwerb gelingt auch durch Arbeit.“ Zugleich seien geflüchtete Menschen aufgerufen, stärker als bislang Arbeitserfahrung zu sammeln.

Aber nicht alle Landkreise in Sachsen-Anhalt planen derzeit verpflichtende Arbeiten für Migranten. Der Saalekreis teilte mit, das Ausländeramt werde vorerst keinen Gebrauch von der Gesetzesänderung machen. Aus Sicht des Ausländeramtes bestehe noch Klärungsbedarf mit potenziellen Anbietern von Arbeitsgelegenheiten sowie dem Jobcenter. Der Landkreis Jerichower Land sieht die Bearbeitung solcher Vorgänge mit einem großen Personal- und Verwaltungsaufwand verbunden. Stattdessen lege die Kreisverwaltung den Fokus eher auf die arbeitsfähigen Asylsuchenden, um Anträge auf eine Beschäftigungs- oder Ausbildungserlaubnis zu stellen.

Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt sprach sich am Donnerstag gegen einen Arbeitszwang für Asylsuchende aus. Die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion, Henriette Quade, sagte, es müsse an anderen Stellschrauben gedreht werden, wenn Asylsuchende schneller arbeiten und die Integration befördert werden solle. Unter anderem gehe es dabei um die Arbeitserlaubnis für alle, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Auch die Integrationsbeauftragte von Sachsen-Anhalt, Susi Möbbeck, hält verpflichtende Arbeitseinsätze nicht für ein Instrument der nachhaltigen Integration. „Weitsichtiger wäre es, Arbeitsverbote abzuschaffen, Sprachförderung auszuweiten und Verfahren zu entbürokratisieren, um mehr Geflüchtete in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen.“

In Sachsen-Anhalt zeigen sich nach Angaben des Arbeits- und Sozialministeriums deutliche Fortschritte bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Die Zahl der sozialversicherungsbeschäftigten Ausländer habe sich von 2015 bis 2023 verdreifacht. Im Juli 2023 seien 56.620 ausländische Beschäftigte in Sachsen-Anhalt registriert worden.

Anfang der Woche hatten Aussagen aus dem ostthüringischen Saale-Orla-Kreis für Diskussion gesorgt. Die Geflüchteten sollen für 80 Cent Entlohnung pro Stunde einfache Arbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat.

Asylbewerberleistungsgesetz Mitteilung Henriette Quade (Linke)

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