Berlin hat mit dem Restaurant Verōnika im ehemaligen Tacheles einen Ort, der Kunst und Kulinarik vereint – und mit Weltmetropolen mithalten kann. Eine Kritik.
Graffitis an den Betonwänden, roter Teppich auf dem Fußboden, ein Security-Check am Eingang. Mit dem Lift geht es per Knopfdruck in den fünften Stück – und dann ist man mittendrin: im Restaurant Verōnika in Berlin, das die Hauptstadt so sehr bereichert wie das Museum, das Teil des Konzepts ist. Das ehemalige Tacheles, einst eine Kaufhaus-Kriegs-Ruine an der Oranienburger Straße, schräg gegenüber der Synagoge, ist nun das Museum Fotografiska, eine Dependance der Stockholmer Fotografie-Instanz.
Berlin reiht sich damit mit Tallin und New York City in die Orte ein, in der Kunst gelebt wird. Fünf Etagen plus Dachterrasse dienen fortan als Ort des Austauschs über Kunst, vor allem über Fotografie – und dazu gibt es gutes Essen: ein Café und eine Bäckerei sind bereits im Erdgeschoss eingezogen. Mit dem Verōnika schließt sich der kulinarische Kreis. Das tut der Stadt gut. Denn endlich wird Museumsgastronomie ernst genommen, nicht nur ein Versuch unternommen, Museumsbesucherinnen schnell abzuspeisen.
Verōnika – der place to be
Zwei Gerichte, große Empfehlung: Das Signature-Gerichte „Hummer Omelette“ (oben) und die Garnelen Milanese
© Steffen SinzingerDas Museum ist in den ehemaligen Künstlerateliers untergebracht. Wenig erinnert noch an besetzte Zeiten, nur, wer die Toiletten aufsucht, kommt an den denkmalgeschützten Graffitis nicht vorbei. Im Zentrum des Restaurants schlängelt sich ein ovaler Tresen durch den Gastraum. Von der Decke hängen Regale, die mit Gläsern und Flaschen bestückt sind. Das Licht ist sehr stark gedämpft, zum Glück gibt es Stecklampen für die umfangreiche Weinkarte. Ansonsten bleibt nur, auf die Empfehlung des gut geschulten Services zu hören.
Wer’s intimer mag, kann eine Reservierung im Private-Dining-Bereich vornehmen. Die Stühle und Sitze sind mit Samt bezogen und machen es schwer, hier wieder schnell wegzugehen, zu kuschelig ist es auf den Sitzbänken. Die Gäste sind hochkarätig und gut situiert. Hier möchte man noch gesehen werden, das Verōnika hat sich zum place to be für die Schickeria Berlins und internationale Gäste gemausert.
Und wie ist das Essen? Auf der Karte finden sich Edelprodukte. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, wie Restaurants damit umgehen. Entweder sie einfach auf die Karte schreiben, um einen Luxus-Eindruck zu wecken, oder mit den hochqualitativen Produkten etwas wirklich Gutes zu schaffen. Tempura-Austern, Hamachi und Jakobsmuschel enttäuschen nicht. Das Hummer-Omelett hat sich in kurzer Zeit zum Signature Dish gemausert. „Du gehst ins Verōnika? Iss unbedingt das Omelett“ wurde mir schon vor meinem ersten Besuch mit auf den Weg geben. Genauso gut sind die Garnelen Milanese, die im Teigmantel auf einer pikanten Tomatensauce mit Thai-Basilikum gesetzt sind – nach denen man sich hinterher die Finger abschleckt.
Hier ist Berlin Weltstadt
Preislich bewegt sich alles im höheren Segment, für die Qualität der Speisen ist das gerechtfertigt. Für den Normalverdiener ist das Restaurant etwas für besondere Anlässe. Es gibt Entrecôte, Rib-Eye-Steak und Tatar. Sie können ohne Umschweife den Cocktail-Empfehlungen des gut geschulten Service-Personals folgen, enttäuscht wird hier niemand. Zum Abschluss muss es der Karottenkuchen sein. Der so unglaublich aromatisch und cremig ist, das niemand auf die Idee kommen würde, dass es sich dabei um einen veganen Kuchen handelt. Generell ist die Dessertkarte ein Honigtopf für Süßmäuler: Eis und Sorbets gibt’s in einer Edelstahl-Bowl in Family Style zum Teilen. Genauso wie das Crème Caramel für zwei, eher vier. Hier lautet das Motto „Sharing is Caring“. Insgesamt ist das Essen fein und elegant, ohne dabei kompliziert zu werden.
Kurz: Das Verōnika-Restaurant ist für die Gastroszene in Berlin ist eine Bereicherung – denn hier ist Berlin ein bisschen Weltstadt.