Der Fall hat eine neue Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen im Görlitzer Park in Berlin ausgelöst. Von einer Gruppenvergewaltigung war die Rede. Der Prozess ist jedoch im ersten Anlauf gescheitert.
Das Interesse am Prozess zu einer mutmaßlichen Vergewaltigung im Görlitzer Park ist groß gewesen – doch an Tag fünf ist zunächst alles vorbei. Das Landgericht Berlin setzte das Verfahren am Donnerstag aus – und hob die Haftbefehle gegen die drei Angeklagten auf. Ohne die Zeugenaussage des mutmaßlichen Opfers könne nicht verhandelt werden. „Neuer Termin von Amts wegen. Das kann etwas länger dauern“, sagte der Vorsitzende Richter Thilo Bartl.
Angeklagt sind drei Männer im Alter von 22 und 23 Jahren. Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft ihnen besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schweren Raub vor. Laut Anklage sollen die Männer mit somalischer und guineischer Staatsangehörigkeit am frühen Morgen des 21. Junis 2023 ein Ehepaar überfallen und die damals 27 Jahre alte Frau vergewaltigt haben.
Erneut Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen
Der Fall hatte eine Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen in dem Park in Berlin-Kreuzberg ausgelöst, der insbesondere wegen des Drogenhandels dort zu den Kriminalitätsschwerpunkten der Hauptstadt gehört. Ein Zaun um die Anlage soll helfen, dies zu ändern. Allerdings kommt dieser später als zunächst von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angekündigt. Zuletzt hieß es, Baubeginn solle im ersten Quartal 2024 sein.
Dass der Prozess nun zunächst gescheitert ist, liegt vor allem daran, dass die wichtigste Zeugin vergangenen Montag nicht vor Gericht erschienen ist. Die Frau tritt in dem Verfahren auch als Nebenklägerin auf, ist aber inzwischen wieder in ihrer Heimat Georgien. Sie habe sich überfordert gefühlt, erklärte ihr Anwalt Roland Weber ihre Abwesenheit. Die Frau habe über ihren Anwalt aber klar ihre Bereitschaft erklärt, im Rahmen einer Videovernehmung auszusagen, sagte Richter Bartl. Nach Angaben von Weber will sie sich über die Deutsche Botschaft Tiflis vernehmen lassen.
Gericht: Aussagen in „Kernpunkten nicht widerspruchsfrei“
Die bisherigen Aussagen der Zeugin seien „in Kernpunkten nicht widerspruchsfrei“, sagte Richter Bartl. Da es sich um eine zentrale Zeugin handele, will das Gericht nun ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen stellen. Ein Ergebnis sei frühestens in sechs Monaten zu erwarten. Unklar sei auch, ob Georgien überhaupt der Vernehmung der Frau zustimmen werde, so Richter Bartl. Nach geltender Rechtssprechung sei das Gericht jedoch gezwungen, diesen Weg zu gehen und könne nicht ohne die Frau weiterverhandeln. Staatsanwaltschaft und Polizei treffe an dieser „auch für Richter ungewöhnlichen“ Situation keine Schuld, so Bartl. „Als die Anklage erhoben wurde, war die Zeugin noch nicht abgetaucht.“
Nach derzeitigem Stand besteht aus Sicht des Gerichts kein dringender Tatverdacht gegen die drei Angeklagten – darum wurden die Haftbefehle aufgehoben. Die Männer würden noch am Donnerstag aus der Untersuchungshaft entlassen werden, hieß es. Nach den Ermittlungen handelt es sich bei den drei Männern um abgelehnte Asylbewerber.
Streit über Aussagekraft von Handyvideo
Im Fokus stand seit Prozessbeginn ein kurzes Handyvideo, das einer der Angeklagten damals im Park aufgenommen haben soll. Verteidiger erklärten, dass nach den Bildern sexuelle Handlungen freiwillig erfolgt sein könnten. Die sieben Sekunden lange Aufnahme wurde im Prozess gezeigt. Darauf waren zwei Männer und eine Frau deutlich bei sexuellen Handlungen zu sehen. Gesichter waren nicht erkennbar.
Über die Aussagekraft des Handyvideos sind Staatsanwaltschaft und Verteidigung unterschiedlicher Auffassung. Vom Gericht hieß es dazu, nach vorläufiger Würdigung sei auf dem Video nicht zu erkennen, dass Oralverkehr erzwungen worden sei.
Der 23-Jährige, der das Handyvideo aufgenommen haben soll, hatte sich als einziger der Angeklagten geäußert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Sexuelle Handlungen seien einvernehmlich gewesen, erklärte er. Ihr Mandant werde sich dem Verfahren weiter stellen, betonten die Verteidiger des 23-Jährigen. Es sei auch in seinem Interesse, dass die Zeugin aussage, betonten seine Anwälte. Der 23-Jährige verfüge über eine Duldung und lebe mit seiner schwangeren Partnerin zusammen.