Die von der Koalition geplanten Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte stoßen bei der Opposition auf heftige Kritik. Der Vorschlag sei „rücksichtslos gegenüber den einheimischen Beschäftigten“, sagte beispielsweise die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht am Montag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Die AfD bemängelt „eine inländerfeindliche Politik“, die CSU sieht sogar eine „Gefahr für den sozialen Frieden“. Die Bundesregierung verteidigt hingegen ihr Vorhaben.
Bei ihren Haushaltsplanungen vergangene Woche hatten die Spitzen der Ampel-Koalition vereinbart, Fachkräften aus dem Ausland in den ersten drei Jahren Steuererleichterungen zu gewähren. Die Maßnahme soll dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken.
„Während deutsche Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen unter weit überdurchschnittlichen Steuern und Abgaben leiden, will die Bundesregierung ausländische Fachkräfte mit massiven Steuererleichterungen privilegieren“, sagte dazu Wagenknecht. Die BSW-Vorsitzende äußerte zudem Zweifel daran, dass der Plan mit dem in Grundgesetz-Artikel 3 verankerten Gleichheitsgrundsatz vereinbar sei. Sie forderte die Bundesregierung auf, lieber diejenigen in Arbeit zu bringen, „die sich bereits im Land befinden“.
Der Unionshaushälter Mathias Middelberg (CDU) kritisierte die Pläne der Ampel-Koalition ebenfalls: „Zugewanderte Arbeitnehmer anders zu besteuern als die eigenen Leute, ist keine gute Idee“, sagte er der „Welt“. Statt auf Steueranreize für eine Gruppe von Zugewanderten zu setzen, müsse das Arbeiten in Deutschland generell wieder attraktiver werden. Notwendig sei es, „den Lohnabstand zum Bürgergeld massiv zu vergrößern und wirksame Sanktionen zu verhängen“
Eine „Gefahr für den sozialen Frieden“ sieht die CSU in den Plänen. Der CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, bezeichnete diese in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern als „eklatante Diskriminierung von Inländern“. Die Pläne spalteten die Gesellschaft und seien „vermutlich auch verfassungswidrig“. Um den Fachkräftemangel „wirksam zu bekämpfen“ schlug Holetschek vor, Teile des Gehalts von Pflegekräften oder anderen sozialen Berufen steuerfrei zu stellen.
Abgeordnete von Linken und AfD halten das Vorhaben ebenfalls für falsch. „Das ist eine offen inländerfeindliche Politik“, erklärte René Springer, Sprecher für Arbeit und Soziales der AfD-Bundestagsfraktion. Die Linke-Politikerin Susanne Ferschl monierte in der „Welt“: „Ausländische Fachkräfte bei der Einkommensteuer zu begünstigen, schadet der Solidarität in Belegschaften und widerspricht dem im Grundgesetz verankerten Prinzip der Gleichheit.“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit verteidigte die geplante Maßnahme hingegen. Es gehe um Fachkräfte, wo Deutschland in einem engen Wettbewerb mit anderen Ländern stehe, sagte er in Berlin vor Journalisten. In vielen anderen europäischen Ländern gebe es steuerliche Anreize und Vergünstigungen, um Fachkräfte in die jeweiligen Orte zu locken.
Die Steuererleichterungen werden Hebestreit zufolge aber nur innerhalb einer Mindest- und einer Höchstgrenze des Jahres-Bruttoeinkommen der Fachkräfte gewährt. Details würden jetzt genau ausformuliert und bis zum Kabinettsbeschluss in der kommenden Woche dargelegt, kündigte der Regierungssprecher an.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte im Sender „Welt“, er sehe das „Gerechtigkeitsargument“ – betonte aber: „Umgekehrt wissen wir ja und sehen es überall, dass wir Arbeitskräfte brauchen. Und andere Länder machen es eben auch.“ Zudem spreche ein volkswirtschaftliches Argument für das Modell: „Wenn mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen, weil sie hier gerne arbeiten wollen beziehungsweise weil sie diese Vergünstigungen in Anspruch nehmen, dann gewinnen wir alle.“
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, verteidigte das Vorhaben ebenfalls. „Die Steuererleichterung für ausländische Fachkräfte ist klug, denn Deutschland muss sich im europäischen Wettbewerb behaupten und einige Nachbarn haben solche Steuervorteile bereits eingeführt“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe). Deutschland müsse für hochqualifizierte Arbeitskräfte attraktiver werden – „dazu gehören eine bessere Willkommenskultur, der Abbau vieler Hürden bei der Integration und auch steuerliche Anreize“.