Harbarth: Bundesrepublik durchläuft eine ihrer schwersten Phasen

Die Bundesrepublik durchläuft nach Ansicht von Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth eine der „bisher schwersten Phasen“ in ihrer 75-jährigen Geschichte. „Das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Demokratie sinkt, die Unzufriedenheit wächst, Menschen wenden sich stärker als früher den politischen Rändern und autoritären Führungsmodellen zu“, sagte er der RND-Zeitungen vom Samstag. Dem liege vermutlich ein Bündel an Motiven zugrunde: Enttäuschung, Frustration, wirtschaftliche, soziale, kulturelle Sorgen. 

„Die Menschen müssen spüren, dass der Staat ihre alltäglichen Probleme bewältigt“, sagte Harbarth. „Das ist jedoch nicht mehr durchgehend der Fall.“ Die Geschwindigkeit staatlicher Entscheidungen und ihrer Umsetzung halte mit dem Tempo, in dem sich die Wirklichkeit verändere, immer weniger mit. „Vieles dauert deutlich länger, als es müsste, ohne dass es zu besseren Ergebnissen führt.“ Dazu trage sicher auch eine zu große Vielzahl an Vorschriften bei, sagte der Gerichtspräsident. 

Demokratische Prozesse seien nicht einfach und meistens auch nicht schnell. „Aber nichts ist in der deutschen Geschichte so krachend gescheitert wie die Gegenmodelle zur Demokratie„, mahnte Harbarth.

Er appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, sich für den Erhalt der Demokratie stark zu machen und sich persönlich zu engagieren. „Wir alle sollten uns im 75. Jahr des Grundgesetzes bewusst machen, dass Demokratie nur funktioniert, wenn wir uns selbst einbringen“, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts. „Es reicht nicht aus, Demokratie nur von der Zuschauertribüne zu kommentieren.“ Demokratie müsse immer verteidigt und erkämpft werden.

cha/yb

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