Mieter in Bedrängnis: 6000 Euro Heizkosten nachzahlen – kann das sein?

Wer Tausende Euro fürs Heizen nachzahlen muss, würde gerne prüfen, ob die Nebenkostenabrechnung auch stimmt. Das kann allerdings ganz schön knifflig sein, wie ein Fall aus Berlin zeigt.

Nach dem Energiepreisschock hat sich die Lage bei den Heizkosten wieder deutlich entspannt: Zu sinkenden Preisen für Gas und Öl kam nun noch ein vergleichsweise milder Winter. Trotzdem kämpfen viele Mieter noch mit den Nachwirkungen aus der Hochzeit der Energiekrise. Denn über die jährliche Nebenkostenabrechnung können auch mit deutlicher Verspätung noch horrende Nachzahlungen fällig werden.

Schon bei der Abrechnung für das Jahr 2022 waren laut dem Deutschen Mieterbund viele Mieterinnen und Mieter mit vierstelligen Nachforderungen konfrontiert. Die Jahresrechnung 2023, die der Vermieter erst bis Ende 2024 vorlegen muss, könnte laut Mieterbund sogar noch stärker zu Buche schlagen – immer abhängig davon, wann Preiserhöhungen wirksam wurden und ob die Abschläge angepasst sind oder nicht. PAID Fehler Nebenkostenabrechnung 09.39

Wer Tausend Euro und mehr nachzahlen muss, würde natürlich gerne wissen, ob die Rechnung auch stimmt. Doch das ist nicht immer leicht herauszufinden, wie ein Fall zeigt, den die Zeitschrift „Finanztest“ in ihrer aktuellen Ausgabe schildert. Dabei geht es um die Mieter eines Mehrfamilienhauses in Berlin, die im vergangenen November die Rechnung für das Jahr 2022 präsentiert bekamen. Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner sollten demnach mehr als 1000 Euro nachzahlen, bei einer älteren Frau lautete die Forderung sogar auf schockierende 6000 Euro. So eine Rechnung bezahlt man nicht so eben nebenher. 

Nebenkostenabrechnung: Ist die Nachzahlung berechtigt?

Die Nachbarinnen wollten daher wissen, ob die Forderungen berechtigt sind – schließlich dürfen Mieter Einsicht in die Belege verlangen, die zu der hohen Rechnung geführt haben. Für Laien ist es allerdings oft schwierig, überhöhte Kosten nachzuweisen. In dem Berliner Beispiel sprechen selbst die „Finanztest“-Experten nach Sichtung der von Vermieter Vonovia zur Verfügung gestellten Belege von einem komplizierten Fall. „Die von der Vonovia vorgelegten Rechnungen sind rechnerisch richtig – und trotzdem rechtlich zweifelhaft“, so das unbefriedigende Fazit. Der Vorwurf der Finanztest-Experten lautet im Kern: Vonovia hat die Energie erst unverhältnismäßig teuer eingekauft und dies dann korrekt aufgeschlüsselt an die Mieter weitergegeben. Strom Gas Preisgarantien 10.58

Schon im Normalfall ist es für Mieter schwierig genug, die Rechnungen des Vermieters und die Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Wohnungen nachzuvollziehen. Im Berliner Fall kam dazu noch eine Sonderkonstruktion: Vonovia hatte im Zuge eines sogenannten „Contracting“ die Heizung des Gebäudes komplett an Vattenfall verkauft und sich damit bei der Wärmebelieferung an den Energieanbieter gebunden. Vertraglich vereinbart war, dass der Preis für die Wärme jeden Monat neu ermittelt wird – was nach dem Energiepreisschock eine Vervielfachung der Kosten zur Folge hatte.

Ob bei dem Vertrag das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet wurde und ob die Umstellung formal korrekt abgelaufen ist, müsste letztlich ein Gericht beurteilen. Vonovia erklärte, die Interessen der Mieter im Blick zu haben und sich um eine angemessene Heizungslösung zu bemühen. Der Mieterbund sieht solche Kontrakte bei der Wärmelieferung hingegen grundsätzlich kritisch, weil die Preisformeln in den Verträgen für Mieter intransparent seien und die Gefahr überhöhter Preise bestehe. Heizkosten-Auswertung 16.53

Was Mieter bei Nachzahlungen beachten sollten

Doch nicht immer muss die Prüfung der Nebenkostenabrechnung so knifflig sein. Und zumindest einen groben Plausibilitätscheck sollte eigentlich jeder machen. Laut dem Deutschen Mieterbund sind mehr als die Hälfte aller Betriebs- und Heizkostenabrechnungen fehlerhaft – und manche Fehler sind leichter zu erkennen als andere. Schnell überprüfen lässt sich etwa, ob der Abrechnungszeitraum korrekt ist, was insbesondere nach Umzügen wichtig ist. Zudem darf der Vermieter nur bis maximal zwölf Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums Nachforderungen stellen. 

Auch ob die richtigen Zählerstände verwendet und alle Vorauszahlungen berücksichtigt wurden, lässt sich leicht checken. Bei Mehrfamilienhäusern ist zudem der Verteilerschlüssel wichtig, nach dem die Kosten auf die Einheiten verteilt werden. Eine Liste mit weiteren wichtigen Punkten finden Sie bei der Verbraucherzentrale oder den Mietervereinen. Diese Anlaufstellen helfen auch, wenn eine genauere Prüfung der Abrechnung nötig sein sollte, zum Beispiel auch anhand der konkreten Rechnungen des Energielieferanten.

Allerdings: Viele der aktuell hohen Nachforderungen dürften aufgrund der zurückliegenden Preisexplosion leider berechtigt sein, schreibt Finanztest. Wer Nachzahlungen in Höhe von mehr als einer Monatsmiete nicht zeitnah begleicht, dem droht sogar die Kündigung. Ewas Zeit gewinnen lässt sich durch eine Anforderung der Belege, denn erst wenn der Vermieter diese zur Verfügung stellt, muss man auch die Nachzahlung leisten. Wenn die Prüfung länger dauert, kann man auch „unter Vorbehalt“ zahlen. Und wenn man das Geld für die Nachzahlung auf die Schnelle nicht auftreiben kann, werden zumindest manche Vermieter vielleicht mit sich reden lassen.

Quellen: Finanztest / Verbraucherzentrale / Deutscher Mieterbund / Berliner Mieterverein

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