„Versuchte Selbstermächtigung“: Aufruhr im Gesundheitsausschuss: AfD besetzt Platz der Vorsitzenden

Die Abgeordneten der anderen Parteien verweigern der AfD den Vorsitz im Gesundheitsausschuss. Die hat sich nun vorübergehend darüber hinweggesetzt. Die Grünen sprechen von einem „Angriff gegen die Demokratie“.

Die AfD hat im Gesundheitsausschuss des Bundestags für einen Eklat gesorgt. Nach Informationen des stern hat der AfD-Abgeordnete Kay-Uwe Ziegler vor dem Beginn der Sitzung den Platz der amtierenden Vorsitzenden Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) besetzt. Den Platz habe er zunächst nicht räumen wollen, hieß es aus Kreisen von SPD, Grünen und FDP. 

Dadurch habe sich der reguläre Beginn der Sitzung verzögert. Der AfD-Politiker hat demnach ein Schild mit seinem Namen um den Begriff „Ausschussvorsitzender“ ergänzt. Auf den regulären Schildern in den Ausschüssen steht nur „Vorsitzender“. 

Seit dem Beginn der Legislatur verhindern die demokratischen Parteien in drei Ausschüssen, darunter dem für Gesundheit, dass ein AfD-Vertreter zu ihrem Vorsitzenden gewählt wird. Den Gesundheitsausschuss leitet deshalb die eigentlich stellvertretende Vorsitzende Kappert-Gonther. 

AfD klagt vor dem Bundesverfassungsgericht

Eigentlich wird im Ältestenrat ausgehandelt, welche Fraktion welchem Ausschuss vorsitzt. Gibt es keine Einigung, suchen sich die Fraktionen je nach ihrer Stärke nacheinander Ausschüsse aus. Allerdings muss der jeweilige Ausschuss den Vorsitzenden noch per Wahl bestätigen. An die AfD waren auf diese Weise der Innen-, der Gesundheits-, und der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. In einem Schreiben von Ziegler an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses, das dem stern vorliegt, heißt es, man wolle mit der Aktion „den Anspruch auf den Ausschussvorsitz, zur heutigen Ausschusssitzung, deutlicher als bisher zum Ausdruck bringen“. 

Mit der Frage, ob die AfD im Bundestag Anspruch auf den Vorsitz der Ausschüsse hat, befasst sich in der kommenden Woche das Bundesverfassungsgericht. In einer Eilentscheidung hatte das Gericht 2022 erklärt, es sei nicht von vornherein völlig ausgeschlossen, dass Rechte der AfD-Fraktion verletzt seien. 

Gastbeitrag AfD Ploß 7.04 Uhr

Auch für den Posten des symbolisch wichtigen Amts des Bundestagsvizepräsidenten haben die anderen Parteien einem Kandidaten der AfD bislang stets die Mehrheit verweigert. Entsprechende Klagen der AfD dagegen haben die Richter in Karlsruhe abgelehnt. Der Posten stehe unter dem „Vorbehalt der Wahl durch die Abgeordneten“, hieß es in der Begründung.

Grünen-Politikerin verurteilt „massive Grenzüberschreitung“

Die amtierende Ausschussvorsitzende Kappert-Gonther verurteilte den Vorfall vom Mittwoch: „Die Störversuche der AfD heute im Gesundheitsausschuss waren eine massive Grenzüberschreitung“, sagte die Grünen-Politikerin dem stern. „Die AfD hat ihre Ignoranz und Missachtung der demokratischen Regeln und Gepflogenheiten in einer neuen Qualität demonstriert.“ 

Der Ausschuss sei dadurch in seiner Arbeit „erheblich gestört“ worden. Dort habe man vielfach geheime, demokratische Wahlen über den Vorsitz durchgeführt, bei welchen kein Kandidat der AfD eine Mehrheit bekommen habe. „Die versuchte Selbstermächtigung über die Ausschussleitung ist ein Angriff gegen die Demokratie“, so die Grünen-Politikerin weiter. Konsequenzen würden geprüft.

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