Tipps vom Kenner: Rentiere, Polarlichter, endlose Wälder: So zauberhaft ist es in Lappland

Die Region Lappland ist kein typisches Reiseland. Warum sich ein Urlaub im hohen Norden lohnt, erzählt Journalist Tilmann Bünz im Interview. Für sein Buch „Vorfahrt für Rentiere“ hat er Lappland zu jeder Jahreszeit bereist. 

Ganz im Norden Europas liegt Lappland – endlose Wälder, Polarlichter, unberührte Natur, bergige Küste und Rentierherden. Die riesige Region liegt zwischen Norwegen, Schweden, Finnland und Russland. Journalist und Filmemacher Tilmann Bünz hat als ARD-Korrespondent fünf Jahre in Skandinavien verbracht und lebt heute in Hamburg und am Rande der Schären vor Stockholm. Ihn begeistert nicht nur die atemberaubende Natur der Region, sondern auch das Leben der Sami, der Ureinwohner:innen von Nordskandinavien.

Sie waren zu jeder Jahreszeit in Lappland – wann ist es am schönsten?
Empfehlenswert sind der Herbst und das Frühjahr. Dann sind Wetter und Landschaft besonders beeindruckend. Wer Polarlichter sehen will, sollte zwischen September und März nach Lappland reisen. Seit 400 Jahren immer am ersten Wochenende im Februar veranstalten die Sami in Jokkmokk einen großen Wintermarkt, auf dem sie Waren verkaufen und Urlauber:innen auch mehr über das Urvolk lernen können.

Tilmann Bünz war ARD-Auslandskorrespondent für Nordeuropa und arbeitet heute als Dokumentarfilmer und Reiseschriftsteller. Für sein Buch „Vorfahrt für Rentiere“ hat er Lappland zu Fuß, auf Tourenski, mit dem Scooter und an der Seite von Rentieren bereist.
© Sara Arnald

Und welche Naturhöhepunkte dürfen Reisende nicht verpassen?
Für mich ist das der Königsweg (Kungsleden), ein Fernwanderweg, wunderbar, um die atemberaubende Natur zu entdecken. Von seltenen alpinen Pflanzen über mächtige Wälder bis zu wunderschönen Bergen. Übernachten kann man in Hütten des schwedischen Wandervereins STF.

Lappland ist nicht das typischste Reiseland. Was würden Sie Urlauber:innen als Tipp mit auf den Weg geben?
Im Winter gibt es kein „zu viel“ an Kleidung – man sollte so viele Schichten wie möglich anziehen. In der arktischen Kälte sollte man wasserhaltige Hautcremes vermeiden, weil das Wasser in die Haut einziehen und Äderchen platzen lassen kann. Man kann als Vegetarier in Lappland überleben, aber man muss sich vorher gut schlau machen und im Zweifel lieber Proviant mitbringen. Denn: Der Klassiker ist Rentierfleisch mit Kartoffelbrei und Preiselbeeren.

IV Glücksforscherin 11.00

Viele Urlauber:innen zieht es wegen der hyggeligen, lockeren Lebensweise nach Dänemark. Reicht das bis in den hohen Norden Skandinaviens hinauf?
Ich erinnere mich an Micke, einen ehemaligen Gebirgsjäger, der uns für eine Lappland-Reportage bei minus 30 Grad demonstrierte, wie man einen Iglu baut. Er war nicht aus der Ruhe zu bringen und arbeitete in Seelenruhe vor sich hin. Er sagte: „Wenn ich mich jetzt beeile, dann schwitze ich. Und wenn ich schwitze, friere ich, und das ist hier lebensgefährlich.“ Es gibt in der Tat ein etwas ruhigeres Lebenstempo in Lappland. Die Leute reden halb so schnell wie in den großen Städten.

Tilmann Bünz: „Vorfahrt für Rentiere. Lappland für Anfägner“, btb Verlag, 304 Seiten, 12 Euro
© btb Verlag

Für Ihre letzte Reise in den Norden haben Sie selbst den langsamen Weg gewählt. Sind mit dem Nachtzug von Hamburg nach Stockholm gefahren. War auch der Weg das Ziel?
Im Sechserabteil des Nachtzugs nach Stockholm hat sich dieses Gefühl nicht eingestellt. Aber als meine Frau Jutta und ich die schwedische Großstadt hinter uns gelassen haben, gerieten wir in eine Art Trance. Beim Blick aus dem Zug sind Häuser zu sehen, die so tief im Schnee vergraben sind, dass man aus dem ersten Stock aus dem Fenster steigen müsste, um ins Freie zu treten. Je weiter es nach Norden geht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Züge pünktlich sind – das verändert die Art des Reisens. Manchmal müssen die Züge auch wegen der wildlebenden Rentiere anhalten. Die waren schon vor der Straßenverkehrsordnung da – und werden sich wohl auch nicht an die Regeln der Menschen gewöhnen.

Wie hoch stehen überhaupt die Chancen, dass ich als Urlauber:in Rentiere in Lappland zu Gesicht bekomme?
In Schweden und Norwegen gehen die Rentiere die alten Nomadenwege vom Winterlager in der Ebene bis ins Hochgebirge, wo sie den Sommer verbringen. Dort ist es schwierig, sie zu treffen. In Finnland sieht es anders aus. Dort gibt es kein Hochgebirge, Rentiere kreuzen oft die Straßen: Es ist fast unmöglich, ihnen nicht zu begegnen.

FS Polarlichter 12.30

Sie waren als ARD-Korrespondent auf der ganzen Welt unterwegs. Was reizt Sie ausgerechnet an Lappland?
Ich wollte schon als junger Mann nach Schweden ziehen. Was mich lockte, waren flache Hierarchien, die egalitäre Gesellschaft, sehr selbstbewusste Frauen, keine Rennen auf Autobahnen und das Jedermannsrecht in der Natur. In der Mitte meines Lebens ging der Traum dann in Erfüllung – ich wurde Korrespondent für die ARD für die nordeuropäischen Länder von Grönland bis rüber nach Estland. Wir – meine Familie und ich – wohnten in Stockholm. Als ich mir meinen Traum aus der Nähe anschaute, fiel mir irgendwann auf, dass mir noch was fehlt: Oberhalb von Schweden war diese große Weite, eine Landmenge, die selbst den meisten Schweden unbekannt ist. Und so war ich zum ersten Mal in Lappland.

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