Ab dem übernächsten Schuljahr greift der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter. Angesichts vieler offener Fragen will die Landesregierung nun mehr Klarheit schaffen.
Das nordrhein-westfälische Kabinett hat fachliche Grundlagen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Platz im sogenannten Offenen Ganztag (OGS) für Kinder im Grundschulalter gebilligt. Nach einem Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden und Trägern der freien Jugendhilfe sei nun Klarheit geschaffen worden, wie es weitergehe, teilten die Ministerien für Schule und für Familie am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf mit.
Die SPD-Opposition forderte eine Sondersitzung des Schulausschusses, weil die Landesregierung lediglich Leitlinien vorlege, obwohl sie ein Landesausführungsgesetz zugesagt habe. Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dilek Engin, wertete dies als politische Bankrotterklärung. Sie sieht den Rechtsanspruch gefährdet.
Der bundesweit geltende Anspruch umfasst an Schultagen täglich acht Stunden ganztägige Förderung. In den Ferien können die OGS-Angebote bis zu vier Wochen geschlossen werden. Die Umsetzung des ab dem Schuljahr 2026/27 greifenden Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung könne wie bisher an Schulen erfolgen, erklärten die Ministerien.
Träger vor Ort behalten Spielraum
Wichtig für die Vorbereitungen vor Ort sei: „Die OGS wird weiterhin im bewährten Trägermodell organisiert, das bereits seit mehr als 20 Jahren auf der verlässlichen Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe aufbaut.“ Innerhalb der Leitlinien könnten die Angebote weiterhin individuell gestaltet werden, erläuterte ein Sprecher des Schulministeriums.
„Die Kooperation mit außerunterrichtlichen Partnern, vor allem aus Sport und Kultur, bleibt zentrales Gestaltungsmerkmal der OGS.“ Die Kommunen haben für ein bedarfsgerechtes Angebot zu sorgen und stimmen den Ausbau der Plätze auf ihre Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung ab.
Bestehende Angebote bleiben erlaubt
Ein wesentlicher Punkt für die Praktiker: „Alle am 1. August 2026 bereits bestehenden außerunterrichtlichen Ganztagsangebote an der OGS gelten im Sinne der bundesgesetzlichen Vorgaben als erlaubt und bedürfen keiner erneuten Genehmigung.“ Auch das nicht grundständig qualifizierte Personal der Ganztagsträger könne weiterbeschäftigt werden und solle perspektivisch ein Fortbildungs- und Qualifizierungsangebot erhalten.
„Neben der OGS können die Kommunen weiterhin ergänzende und flexible Angebote wie zum Beispiel die Übermittagsbetreuung mit geringerem Zeitumfang einrichten, teilten die Ministerien weiter mit. Das Land habe zugesagt, Schulen, Kommunen und Träger bei der Ausgestaltung der Ganztagsangebote weiterhin über eine Serviceagentur und das Landesschulinstitut Qualis zu unterstützen.
NRW rechnet mit 80 Prozent der Kinder im Grundschulalter
Der Bund hat mit dem Ganztagsförderungsgesetz den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz im Grundschulalter eingeführt, der von der 1. Klasse ab dem Schuljahr 2026/27 bis zur 4. Klasse im Schuljahr 2029/30 aufwächst. Im Endausbau rechnet die Landesregierung mit einem Bedarf für rund 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler. Im Gegensatz zum sogenannten gebundenen Ganztag sind die Schüler bei der OGS nicht verpflichtet, am ganztägigen Programm teilzunehmen. Um die benötigten Kapazitäten zu schaffen, haben Bund, Land und Kommunen insgesamt rund 892 Millionen Euro für NRW bereitgestellt.
Im laufenden Schuljahr 2023/24 fördert die Landesregierung nach eigenen Angaben bereits 392.500 OGS-Plätze, zum kommenden Schuljahr 2024/25 sollen es 430.500 sein. Im Haushalt 2024 stehen dafür insgesamt 780 Millionen Euro bereit.
Landesregierung: Große Kraftanstrengung, aber machbar
„Wenn die Dynamik im Ausbau der Ganztagsplätze vor Ort beibehalten wird, kann der Rechtsanspruch in Nordrhein-Westfalen erfüllt werden“, bilanzierten die Ministerien. Allerdings werde das sowohl für das Land als auch für die Kommunen eine große Kraftanstrengung.
Infos zur OGS in NRW