Havila Voyages, Teil 1: Frost, Fjorde und Nordlichter: Mit dem Postschiff jenseits des Polarkreises

Die klassische Hurtigruten entlang der norwegische Küste hat Konkurrenz bekommen. Jetzt steuert die Reederei Havila mit modernsten Hybridschiffen ebenfalls 34 Häfen an. Eine Winterreise per Schiff von Kirkenes über Hammerfest nach Tromsø.

Noch bevor die Fischerdörfer an der norwegischen Küste auf dem Landweg über Straßen zu erreichen waren, nahmen Postschiffe im Jahre 1893 die regelmäßige Verbindung ab Bergen in den hohen Norden auf. Einst waren die Schiffe von bis zu sieben verschiedenen Reedereien im Einsatz.

Der Riksvei Nr. 1, die Reichsstraße Nummer 1, wie der 2500 Kilometer lange Seeweg auch genannt wird, bleibt bis heute insbesondere in den Wintermonaten für die Versorgung der Küstengemeinden eine Priorität. Zwar werden schon seit 1984 keine Postsäcke mehr transportiert, aber noch immer weht die Postflagge am Heck der Schiffe.

Bis vor Kurzem unternahmen ausschließlich elf Schiffe der Reederei Hurtigruten AS die zwölftägige Reise von Bergen bis Kirkenes und zurück, die einen täglichen Anlauf der 34 Häfen ermöglichen. Doch nach der Ausschreibung des norwegischen Verkehrsministeriums im Jahre 2017 für weitere Anbieter und umweltfreundliche Antriebsarten erhielt Havila Kystruten den Zuschlag für vier Neubauten.

Mehr Wettbewerb durch zwei Reedereien 

Mit der Indienststellung der „Havila Capella“ im Dezember 2021, der „Havila Castor“ im Mai 2022 sowie der „Havila Polaris“ und „Havila Pollux“ im August 2023 hat die neue Reederei ein Drittel des Linienverkehrs entlang der identischen Küstenroute übernommen. Hurtigruten AS hat das Monopol verloren, nutzt aber die freigewordenen und modernisierten Schiffe, um im Bereich Expeditionskreuzfahrten bis nach Alaska, auf die Galapos-Inseln und in die Antarktis zu expandieren.

Eine Fahrt auf der klassischen „Hutigruta“, norwegisch für „schnelle Route“, ist alles andere als der Name suggeriert, sondern eher eine Reise des gemächlichen Vorankommens. Die vier baugleichen Havila-Schiffe dienen neben dem Warentransport sowohl Touristen als auch einheimische Passagiere, die für nur wenige Stunden oder Tage bis zur nächstgrößeren Stadt unterwegs sind. Für Letztere müssen sechs Wochen vor Abfahrt 60 Betten freigehalten werden.

Das Anti-Kreuzfahrtschiff

Die „Havila Polaris“ erinnert beim Betreten der Lobby mit dem über fünf Decks hohen Atrium durchaus an ein Kreuzfahrtschiff, doch entpuppt sich das auf den Namen des Polarsterns getaufte Schiff als ein Anti-Kreuzfahrtschiff: Die Dimensionen haben ein menschliches Maß, in nur einer Minute gelangt man vom Bug zum Heck. Es gibt keine farbliche Reizüberflutung in den öffentlichen Räumen und Kabinen, keine Musikberieselung aus Lautsprecher, sondern nur Durchsagen auf Norwegisch, Englisch und Deutsch über den nächsten Hafen und besondere landschaftliche Abschnitte. Statt Entertainment mit Playback aus Musicals werden mindestens einmal am Tag Vorträge wie „Norway today“ oder eine Stockfisch-Verkostung auf dem Außendeck angeboten. Kurz gesagt: Die Natur steht an allen Tagen am Bord im Mittelpunkt.

Weitere Infos

Preise bei Zweier-Belegung in einer Innenkabine: Kirkenes-Bergen in 6 Tagen ab 641 Euro, Bergen-Kirkenes-Bergen in 12 Tagen ab 1232 Euro pro Person.

 

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