Mark Rutte: Wird er der neue Nato-Generalsekretär?

Nach einem Jahrzehnt hängt Jens Stoltenberg im Oktober seinen Job bei der Nato an den Nagel. Ein Nachfolger muss nun schleunigst her. Drei große Nato-Mitglieder haben ihre Favoriten schon benannt.

Wer wird der nächste Generalsekretär der Nato? Im Juli soll in Washington der Nachfolger von Jens Stoltenberg gewählt werden. Der Norweger will den Posten nach zehn Jahren abgeben. Mehrere Staaten sprechen sich nun für einen Niederländer als neuen Generalsekretär aus: Mark Rutte, der noch amtierende Ministerpräsident seines Landes.

Zu seinen Unterstützern zählen auch die Großen unter den Nato-Mitgliedsstaaten – darunter auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Der Kanzler unterstützt eine Nominierung von Mark Rutte als neuen Generalsekretär der Nato“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Mit seiner immensen Erfahrung, seiner großen sicherheitspolitischen Expertise und seinem ausgeprägten diplomatischen Geschick ist Mark Rutte ein herausragender Kandidat für den Posten des Nato-Generalsekretärs.“Nato Nachfolge Jens Stoltenberg 16.20

London und Washington für Mark Rutte als Nato-Generalsekretär

Auch in London wünscht man sich Rutte. Großbritannien unterstütze Rutte „nachdrücklich“ als Nachfolger Stoltenbergs, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstag vor Journalisten. Rutte genieße im gesamten Militärbündnis ein hohes Ansehen, verfüge über Erfahrungen im Bereich Verteidigung und Sicherheit und werde dafür sorgen, „dass das Bündnis stark und bereit zur Verteidigung und Abschreckung bleibt“.

Das Nato-Schwergewicht USA steht offenbar ebenfalls hinter Rutte. US-Präsident Joe Biden unterstütze eine Kandidatur Ruttes nachdrücklich, sagte ein US-Vertreter am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Rutte habe „ein tiefes Verständnis für die Bedeutung des Bündnisses“. Außerdem sei er eine natürliche Führungspersönlichkeit, ein guter Kommunikator, und seine Führung würde dem Bündnis in dieser kritischen Zeit guttun. Das Portal „Politico“ hatte zuvor über Bidens Unterstützung für Rutte berichtet. Fotostrecke Chronik Nato 12.19

Stoltenberg hört nach zehn Jahren auf

Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass Rutte auch für Frankreich als Favorit für den Posten des neuen Generalsekretärs gilt. Als weitere Kandidaten werden die estnische Regierungschefin Kaja Kallas und der lettische Außenminister Krisjanis Karins gehandelt.

Stoltenbergs Nachfolger soll noch vor dem Gipfeltreffen zum 75-jährigen Bestehen des Bündnisses im Juli in Washington bekannt gegeben werden. Der amtierende Nato-Chef scheidet am 1. Oktober nach insgesamt zehn Jahren aus dem Amt.  Er wurde 2014 in dieses Amt berufen und wollte eigentlich schon vor längerer Zeit aufhören, doch das westliche Militärbündnis verlängerte die Amtszeit des Norwegers mehrfach – unter anderem wegen des Ukraine-Krieges.

Rutte hatte sich im vergangenen Jahr zunächst selbst als möglichen Nachfolger Stoltenbergs ausgeschlossen. Im Oktober erklärte er jedoch gegenüber niederländischen Medien, dass die Führung des Militärbündnisses eine „sehr interessante“ Aufgabe sei, für die er offen sei, sollte sie sich ihm bieten.Nato Karte

„Teflon Mark“ mit diplomatischen Geschick

Bis zur Bildung einer neuen Regierung nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders im November ist der 57-jährige Rutte derzeit noch niederländischer Regierungschef.

Sollte Rutte tatsächlich die Nachfolge Stoltenbergs antreten, wäre er der vierte Niederländer in diesem Amt. Stoltenberg selbst sagte im vergangenen Jahr der Nachrichtenagentur AFP, Rutte sei „ein fähiger Politiker mit viel Erfahrung als Regierungschef“. „Aber es ist nicht an mir, zu entscheiden, wer mein Nachfolger wird“, betonte er.

Um zum Nato-Generalsekretär ernannt zu werden, benötigt Rutte die Zustimmung aller 31 Mitglieder des Bündnisses.

Rutte steht seit Oktober 2010 an der Spitze der niederländischen Regierung. Er ist damit der am längsten amtierende Regierungschef des Landes. Zunächst hatte sich Rutte vor allem innenpolitisch profiliert. Zunehmend erwarb er sich aber auch international den Ruf eines geschickten Diplomaten, der ihm den Spitznamen „Teflon Mark“ einbrachte.

Der Noch-Ministerpräsident unterhält ausgezeichnete Beziehungen zu Großbritannien und den USA. Er galt als einer der EU-Chefs, die sich noch am besten mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump verstanden. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz vergangene Woche forderte Rutte die Europäer auf, mit dem „Klagen und Heulen über Trump“ aufzuhören. Vielmehr müsse Europa mehr für Verteidigung ausgeben und endlich die Munitionsproduktion hochfahren, unabhängig davon, wer die US-Wahlen im November gewinne.

Der Niederländer ist seit Jahren einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Tiefpunkt der Beziehungen war der Abschuss der in Amsterdam gestarteten Passagiermaschine MH17 über der Ostukraine im Jahr 2014. Dabei kamen 298 Menschen ums Leben, 196 davon waren Niederländer. Derzeit gilt Rutte als einer der größten Unterstützer der Ukraine. Er führt eine Koalition an, die der Ukraine Kampfflugzeuge vom Typ F-16 liefern will. Die Niederlande bereiten die Lieferung der ersten 18 Maschinen vor.

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