Forderungen an die europäischen Partner, Watschen für die eigenen Minister – in seiner Rede vor der Sicherheitskonferenz zeigt sich einmal mehr: Olaf Scholz will sich nicht schlecht reden lassen.
Der Auftritt war kurz, aber es fehlte ihm nicht an Eindeutigkeit. Eine knappe halbe Stunde präsentierte sich Olaf Scholz auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Die halbe Zeit hielt er eine Rede, den Rest der Zeit ließ er sich befragen. Der Kanzler versteht sich außenpolitisch als Antreiber und innenpolitisch als Stimmungsmacher, das war nicht zu überhören. In München hat sich Olaf Scholz einmal mehr in jeder Hinsicht unbeirrbar gezeigt. Seine wichtigste Botschaft: Ich lasse mich nicht schlecht reden.
Außenpolitisch widmete sich Scholz ganz dem Krieg in der Ukraine. Er stellte seiner Rede die Frage voraus: Tun wir genug? Aber das richtete sich nicht an Deutschland, sondern vor allem an die Partner in Europa. Der Mann, dem nach dem russischen Überfall auf die Ukraine der Ruf des Zauderers anhing, der Kanzler, der jede Waffenlieferung erst nach wochen- oft monatelangen Diskussionen genehmigte, dieser Olaf Scholz tritt inzwischen mit dem Selbstbewusstsein des europäischen Regierungschefs auf, der vielleicht nicht der schnellste ist, aber der mit dem längsten Atem; der nicht jedes Waffensystem liefert, aber nach den USA die meisten und effektivsten.
Olaf Scholz: Er setzt nun die anderen unter Druck
Der Kanzler, der lange unter Druck stand, setzt jetzt die anderen unter Druck. Ausführlich malte er in München die Folgen aus, die ein Sieg Russlands in der Ukraine haben könnte – für die Sicherheit Europas und die ganze Welt. Dem fügte er ziemlich unverblümt die Forderung hinzu, dass alle Europäer ihre Hilfe für die Ukraine erhöhen sollten. Scholz, der sich im ersten Kriegsjahr schon anhören musste, dass Deutschlands anfängliches Zaudern womöglich einen russischen Sieg in der Ukraine verursachen würde, warnt jetzt seine europäischen Partner davor, diese Schuld auf sich zu laden.Scholz Siko Rede
Doch der Kanzler trumpfte in München nicht nur außenpolitisch auf. Er nutzte die Gelegenheit auch für einen innenpolitischen Schlenker, mit dem er zwei seiner wichtigsten Minister abwatschte. Dazu nutzte er die Frage, ob Deutschland angesichts seiner wirtschaftlichen Schwäche überhaupt in der Lage sei, konstant das Geld für hohe Militärausgaben aufzubringen. Schwäche? Welche Schwäche? Nachdem sich Robert Habeck („dramatisch“) und Christian Lindner („peinlich“) in den vergangenen Tagen in Miesmacherei übertroffen hatten, gab Scholz in München die Stimmungskanone und verwies auf hohe Investitionen und niedrige Arbeitslosigkeit. Man müsse sich da „keine Sorgen machen“, so der Kanzler wörtlich.Olaf Scholz – Stationen seines Lebens 15.09
Olaf Scholz hat in München nicht viel Neues erzählt. Aber an ihm ist eben manchmal das Altbekannte besonders beeindruckend: Dieser Kanzler wirkt umso gelassener, selbstbewusster und zuversichtlicher, je tiefer er in der Krise hängt. Und wenn man urteilen muss, ob es sich dabei um erstaunliche Realitätsverweigerung oder frappierende Führungsqualität handelt, dann obsiegt zumindest nach dem Auftritt vor der Sicherheitskonferenz das letztere. Wenn auch knapp.