Verhütungsmittel-Check: Bei der Verhütung geben viele Männer Verantwortung ab – dabei gibt es auch für sie Möglichkeiten für mehr Kontrolle

Noch immer leisten Frauen die meiste Verhütungsarbeit. Vor allem in Beziehungen wird schnell aufs Kondom verzichtet und oft nur auf die Antibabypille vertraut. Gibt es wirklich so wenig Möglichkeiten für Männer? Ein Überblick.

Sex hat die Superkraft glücklich machen zu können. Das ist keine gefühlte Wahrheit, sondern wissenschaftlicher Fakt. Berührungen wirken wie Treibstoff für den Hypothalamus, sie sorgen dafür, dass seine Aktivität soweit gepusht wird, bis sich die sexuelle Energie entlädt und große Mengen des sogenannten Kuschelhormons Oxytocin ausgeschüttet werden. Danach fällt die Aktivität des Hypothalamus rasant ab. Was bleibt: ein Zustand wohliger Befriedigung. 

Kein Wunder also, dass Sex für viele als schönste Nebensache der Welt gilt und für manche gar zum täglichen Ritual gehört wie das Zähneputzen. Die Sex-Frequenz nimmt im Alter zwar ab, während es statistisch gesehen 18- bis 29-Jährige im Schnitt rund zweimal wöchentlich (2,15 mal) tun, hat die Altersgruppe bis 39 schon nur noch 1,65 mal Sex in der Woche, Menschen ab 40 kommen noch auf rund einmal (1,33) wie das Kinsey Institut ermittelte. Dennoch gibt es wenige Aktivitäten, auf die sich die Menschen der Welt als „Hobby“ so einigen können wie auf Sex. Abseits vom Spaß kann Sex, zumindest beim Hetero-Sex, aber noch etwas anderes erzeugen – Kinder. STERN PAID Sterilisation18.35

Verhütung noch mehr Frauen- als Männersache

Wer Kontrolle über seine Familienplanung haben und keine unerwünschte Schwangerschaft riskieren möchte, muss verhüten. Gleiches gilt für die Abwehr sexuell übertragbarer Krankheiten. Eine Sache, die eigentlich beide Parteien gleichermaßen betreffen sollte. Trotzdem trifft die Verhütungsfrage noch immer meist ein Geschlecht: die Frau. Eines der meistgebräuchlichsten Verhütungsmittel, das Kondom, schützt nicht nur sehr sicher vor ungewollter Empfängnis, sondern auch vor Geschlechtskrankheiten und kommt zudem – Allergiker ausgeklammert – im Gegensatz zur Antibabypille ohne Nebenwirkungen aus.

Trotzdem werden Kondome vorrangig von Singles genutzt, in Beziehungen wird zumindest bei heterosexuellen Paarungen oftmals auf sie verzichtet. Das Hauptargument: Sex mit Gummi fühle sich weniger intensiv an. So gaben 76 Prozent in einer Sex-Studie befragten Paare an, nie ein Kondom zu nutzen. Stattdessen nehme jede zweite Frau, die 50 Jahre oder jünger ist, die Pille ein. Wie wichtig die Möglichkeit der Verhütung durch die Antibabypille für die sexuelle Selbstbestimmung der Frau war und ist, sollte unbestritten sein. Aber auch die Liste der Nebenwirkungen ist lang. Dennoch spielen andere Verhütungsmittel wie die Spirale laut einer Umfrage nur eine geringe Rolle.Verantwortungsvolles ejakulieren14.27

Palette von Verhütungsmethoden überschaubar

Gerade Verhütungsmethoden für Männer sind rar gesät: Kondome, Vasektomie – und, ja, Abstinenz. Die Verhütungspille für den Mann lässt seit Jahrzehnten auf sich warten und auch andere Alternativen sind wenig ausgereift. Immer mehr Aktivistinnen und Aktivisten setzen sich dafür ein, dass sich das ändert. Dabei geht es nicht nur darum, die Palette der Verhütungsmittel auszubauen und zu verbessern sowie Männer mehr in die Verantwortung zu nehmen. Sondern auch darum, das Ungleichgewicht der Kontrolle in Sachen Verhütung auszugleichen. 

Obwohl gern plakativ mit Slogans wie „Verhütung ist Männersache“ für mehr Ausgewogenheit in der Verhütungsfrage geworben wird, ist das Vorhaben nicht, die Verantwortung von einem Geschlecht auf das andere zu übertragen. Aktivistin Franka Frei erklärte es im Interview mit dem stern so: „Das heißt nicht, dass sie [die Verhütung] nur Männersache werden soll. Das wäre ein Schuss ins eigene Knie. Ich bin auch nicht dafür, die Pille vom Markt zu nehmen, auch wenn ich ihr gegenüber kritisch bin. Es geht um eine gemeinsame Verantwortung. Jeder Mensch sollte entscheiden können, die Pille zu nehmen oder eben nicht. Oder in einer Beziehung gemeinschaftlich entscheiden, dass ich auf die andere Person vertrauen möchte und nach Jahren, in denen ich verhütet habe, nun sie an der Reihe ist.“ Das geht aber erst, wenn es mehr Verhütungsmöglichkeiten für den Mann gibt – und er auch gewillt ist, sie anzuwenden.

Eine Faktensammlung zu den gängigsten Verhütungsmitteln für Frauen und dem Stand in Sachen Verhütungsmitteln für Männer haben wir in der Fotostrecke oben gesammelt.

Quellen: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Pillenreport, Sexuelle Gesundheit (RKI), Sex-Studie, Apotheken, Techniker Krankenkasse, Techniker Krankenkasse Vasektomie, Doktorarbeit Refertilisierung, Studie Tubenrekonstruktion, Studie thermische Verhütung, Studie Verhütung, Studie Slips, Leitfaden für eine hormonelle oder thermische Verhütung für den Mann, Ferility and Sterility, Studie Thermo-Slip, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Spiegel, Quarks, Quarks 2, Infomedizin, Techniker Krankenkasse Tubektomie, Missy Magazine, HR Info, Focus, Stiftung Warentest, Die Welt, Buch „Verantwortungsvoll ejakulieren“

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