Verteidigungsausgaben: Immer mehr Nato-Länder erreichen das Zwei-Prozent-Ziel

In diesem Jahr geben 18 der 31 Nato-Länder mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Deutschland hat dieses Ziel laut Diplomaten erstmals seit Jahren eingehalten.

18 der 31 Mitgliedstaaten der Nato werden nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel bei den Militärausgaben erreichen. Das sei eine „Rekordzahl“. Die Ausgaben der europäischen Partner würden sich auf insgesamt 380 Milliarden Dollar summieren, sagte Stoltenberg vor Beginn von Beratungen der Nato-Verteidigungsminister. Insgesamt lägen die Ausgaben der Partner bei 600 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von elf Prozent entspreche.

Stoltenberg ermahnte die 13 anderen Nato-Länder, ihren Verpflichtungen rasch nachzukommen. Er erinnerte an den Gipfelbeschluss aus dem vergangenen Jahr, wonach alle Mitgliedsländer der Allianz ihre Verteidigungsausgaben erhöhen wollen. „Diese zwei Prozent sind ein Minimum“, betonte der Norweger.STERN PAID 08_24 Strack-Zimmermann11.53

Deutschland hält erstmals seit Jahren Zwei-Prozent-Ziel ein

Zu den 18 Ländern gehört auch Deutschland: Nach Angaben des Verteidigungsministeriums hat Berlin dem Verteidigungsbündnis die diesjährige Etatplanung übermittelt, nach der die Bundesregierung erstmals seit Anfang der 1990er-Jahre das Zwei-Prozent-Ziel einhalten wird. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Eine konkrete Zahl wollte er nicht nennen, da diese Informationen als geheim eingestuft seien. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, dass dies nach 2028 und dem Auslaufen der 100-Milliarden-Euro-Sonderkredite für die Bundeswehr auch aus dem normalen Bundeshaushalt erfüllt werden soll. Für den Wehretat 2024 sind 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr und rund 52 Milliarden Euro im Einzelplan 14 des Verteidigungsministeriums vorgesehen.

Nato Karte

Nach Recherchen der Deutschen Presse-Agentur übermittelte die Bundesregierung für das laufende Jahr einen Betrag, der umgerechnet in Vergleichszahlen des Verteidigungsbündnisses einer Summe von 73,41 Milliarden Dollar entspricht. Dies ist für Deutschland in absoluten Zahlen ein Rekordwert und würde nach aktueller Nato-Prognose eine BIP-Quote von 2,01 Prozent bedeuten. Mit dem Geld werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums unter anderem neue Schützenpanzer, Fregatten, U-Boote und hochmoderne Mehrzweckkampfflugzeuge vom Typ F-35A finanziert werden.

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In der Vergangenheit war Deutschland nach Dokumenten aus dem Nato-Archiv zuletzt 1992 auf Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gekommen. In den Jahren des Kalten Krieges hatte die Quote meist bei über drei Prozent gelegen. Eine neue öffentliche Übersicht mit Daten zu den Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten will die Nato im März vorstellen.

Mehr Nato-Ausgaben wegen Russlands Krieg in der Ukraine

Laut der geltenden Beschlusslage der Nato sollen die 31 Mitgliedstaaten zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investieren. Bislang haben dies allerdings die wenigsten Staaten erreicht. Über die Entwicklung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten soll an diesem Donnerstag bei einem Verteidigungsministertreffen in der Brüsseler Bündniszentrale beraten werden. 

Die neuen Zahlen entsprechen im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg der Verteidigungsausgaben von mehr als 20 Prozent, wie es aus Nato-Kreisen heißt. Im letzten öffentlichen Bericht zu den Verteidigungsausgaben der Bündnis-Staaten war für Deutschland für 2023 lediglich eine Vergleichszahl in Höhe von 56,64 Milliarden Dollar (basierend auf Preisen und Wechselkursen von 2015) und eine BIP-Quote von 1,57 Prozent angegeben worden. Im kommenden Bericht werden diese Zahlen nach DPA-Informationen nach oben korrigiert. Fotostrecke Chronik Nato 12.19

Mit der drastischen Steigerung der Verteidigungsausgaben reagiert die Bundesregierung insbesondere auf Russlands Einmarsch in die Ukraine. Durch eine deutliche Stärkung von Abschreckung und Verteidigung soll Kremlchef Wladimir Putin deutlich gemacht werden, dass ein Angriff auf ein europäisches Nato-Land keinerlei Erfolgschancen hätte.

Donald Trump dürfte Verteidigungsausgaben vorantreiben

Hilfreich könnten die Zahlen zudem auch mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November sein. Der Republikaner hatte am Wochenende bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Trump hatte bereits in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 immer wieder über die seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten gewettert und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.

Ermöglicht wird die massive Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben derzeit durch ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Dieses wird allerdings voraussichtlich 2027 aufgebraucht sein. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) drängt deswegen darauf, schnell einen Plan zu entwickeln, wie Deutschland dauerhaft die Nato-Zielvorgaben erreichen kann. „Wir haben die Zusage des Kanzlers, dass wir bis in die 2030er-Jahre hinein mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investieren“, sagte Pistorius jüngst dem „Spiegel“. Das absehbare Auslaufen des Sondervermögens müsse sich in der Finanzplanung niederschlagen.

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