Die Deutsche Fußball Liga hat den Fans im Streit um den Investoren-Deal ein Gesprächsangebot unterbreitet. Doch lehnen ab und werden weiter Spiele stören. Die Positionen scheinen unversöhnlich. Es könnte ein zäher Kampf werden.
Neulich in Berlin: Das Spiel zwischen den beiden großen Traditionsklubs Hamburger SV und Hertha BSC im Olympiastadion musste mehr als 30 Minuten unterbrochen werden. Grund war, dass die Hertha-Ultras aus der Ostkurve kurz nach Wiederanpfiff begannen, Tennisbälle auf den Rasen zu werfen. Schiedsrichter Daniel Schlager war gezwungen, die Partie zu unterbrechen. Die Berliner Anhänger sollen schlauerweise Schleudern dabei gehabt haben, um die beträchtliche Distanz zu überwinden. Im guten, alten Olympiastadion liegt ja noch eine klassische Tartanbahn zwischen Tribüne und Spielfeld.
Immer wieder flogen Bälle. Die Ordner kamen mit dem Einsammeln der gelben Filzkugeln gar nicht hinterher. Hertha-Trainer Pal Dardei ging zwischenzeitlich zu den Anhängern, um sie von weiteren Würfen abzuhalten. Nutze alles nichts. Eine halbe Stunde lang war kein Spiel möglich. Die anderen Zuschauer im Stadion waren irgendwann so genervt, dass sie laut pfiffen.
Vermutlich werden die Fans nicht so schnell aufgeben
Schon seit Wochen protestieren Fans – wahlweise werden Schokotaler oder Zitronen geworden – auf diese Weise gegen den Investoren-Deal der Deutschen Fußall Liga. Zuletzt war das Nachholspiel in der Bundesliga zwischen Mainz 05 und Union Berlin betroffen. Berlin stellte aber einen Höhe- oder Tiefpunkt dar, je nachdem, welche Perspektive man einnimmt.MReif_Interview15.06
Vermutlich werden die Fans ihren Protest nicht so schnell aufgeben. Die Fronten sind auf beiden Seiten verhärtet, es geht um die grundsätzliche Frage, inwieweit Investoren im deutschen Fußball zugelassen werden. Im Dezember hatte die DFL die 36 Profiklubs der 1. und 2.. Bundesliga darüber abstimmen lassen, ob sie einen Teil ihrer Medienrechte an Finanzinvestoren verkaufen darf. Das Ergebnis war denkbar knapp: die benötigte Zweidrittel-Mehrheit von 24 Ja-Stimmen kam gerade so zusammen.
Der Deal sieht vor, dass die DFL sechs bis acht Prozent ihrer Medienrechte, die sie in eine Tochtergesellschaft auslagert, für bis zu einer Milliarde Euro (im Idealfall) über einen Zeitraum von 20 Jahren veräußert. Noch sind zwei potentielle Geldgeber im Rennen.
Seit Pläne bekannt sind, gehen Fans auf Barrikaden
So weit, so schlimm für die organisierte Fanszene. Seit die Pläne bekannt sind, wehren sich die Anhänger gegen die Einstiegspläne. Sie fürchten, dass ein Geldgeber Einfluss auf den deutschen Fußball nimmt, etwa bei der Gestaltung des Spieltages (noch mehr unterschiedliche Anstoßzeiten) oder der Auslagerung von Spielen ins Ausland. Es wird kritisiert, dass die beiden verbliebenden Bieter, die Private-Equity-Gesellschaften CVC Capital Partners und Blackstone, Geld aus Saudi-Arabien erhalten, was Fans für einen „schmutziges“ Investment halten. „CVC & Blackstone – an euren Händen klebt Blut“, stand auf einem Transparent in der Stuttgarter Fankurve.Homosexualität 12.34
Befürchtet werden auch Interessenkonflikte. CVC hält Anteile an der französischen und der spanischen Liga sowie 60 Prozent Anteile am Sportwettenanbieter Tipico, der wiederum Sponsor der DFL und des FC Bayern ist. Blackstone hat einen Manager, David Blitzer, der über eine Tochterfirma Anteile am Bundesligisten FC Augsburg hält, wie die „Sportschau“ berichtet. Die DFL versichert hingegen mantraartig, dass sie sich gegen solche Einflussnahmen vertraglich absichert. So soll die Spieltagsgestaltung auch in Zukunft allein bei der DFL liegen.
Was passiert aber, wenn die Investoren ihren Anteil wieder verkaufen wollen? Für diesen Fall sieht der Deal vor, dass das frühestens nach acht Jahren geschehen darf, sagt die DFL. Sollte es in so einem Fall kritische Bieter aus Saudi-Arabien oder China geben, hat die DFL ein Vetorecht. Zudem kann sie die Anteile nach neun oder 15 Jahren zurückkaufen. Was man der DFL zugute halten muss: Sie hat bereits auf Kritik der Klubs reagiert. Ursprünglich hatte der Deal ein größeres Volumen. Vorgesehen war, 12,5 Prozent der Medienrechte für rund zwei Milliarden zu verhökern. Doch das lehnten die Vereine ab, weil es ihnen zu riskant erschien. Und weil die kleineren Vereine die Verteilung der Gelder ungerecht fanden. Daraufhin speckte die DFL das Paket ab und brachte es erneut zur Abstimmung.
Der deutsche Fußball braucht dringend Investoren
Was den Konflikt zusätzlich anheizte: Das knappe Ergebnis von 24 Ja-Stimmen kam zustande, weil der Vertreter von Hannover 96, der umstrittene Unternehmer Martin Kind, zustimmte – im Gegensatz zu seinem Mandat. Soll heißen: Der Verein hatte Kind, Geschäftsführer der ausgegliederten Profiabteilung, angewiesen, mit Nein zu stimmen, der hielt sich nicht dran. Fans sehen darin einen Verstoß gegen den Geist der 50+1-Regel. Die besagt, dass der Verein immer die Mehrheit in der ausgelagerten Kapitalgesellschaft behält.
Klubs wie der VfB Stuttgart, Union Berlin und einige andere fordern deswegen, die Abstimmung zu wiederholen, und zwar offen und nicht geheim. Man müsse auf die Proteste reagieren und könne den Deal nicht an den Fans vorbei durchdrücken. Es brauche mehr Transparenz, um dem Einstieg der Investoren mehr Legitimation zu verschaffen.
Ob eine zweite Abstimmung, die erneut positiv ausfällt, die Fans allerdings beschwichtigt, darf bezweifelt werden. Die Fans fordern ja auch deshalb eine zweite Abstimmung, weil sie sich sicher zu sein scheinen, dass der Deal diesmal abgelehnt würde. Sie scheinen nur ein Ziel zu haben: Sie wollen internationale Investoren bei der DFL komplett verhindern. Und die Macht der Anhänger ist groß. Dass sie erhebliche Störungen bis zum Spielabbruch provozieren können, haben die Ereignisse von Berlin bewiesen.
Fans des 1. FC Köln protestieren während des Heimspiels gegen Bayern München gegen den Einstieg eines Investoren bei der DFL
© Team2
DFL: Was passiert ohne Investoren-Deal? Das ist offen
Welche Folgen eine Ablehnung des Deals hätte, sagen die Kritiker nicht. Auch nicht, wie auf anderen Wegen Geld generiert werden soll. Das Modell einer kreditfinanzierten Geldspritze verwarfen die Klubs gleich zu Beginn der Debatte. Unter den Vereinen herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass der deutsche Fußball eine kräftige Finanzspritze braucht, wenn man nicht von der spanischen oder besonders der englischen Premier League abgehängt zu werden will. Dafür soll die Auslandsvermarktung gestärkt werden, die DFL will in Digitalplattformen und Streamingangebote investieren, wovon alle Vereine profitieren.
Die DFL hat Fan-Vertretern zuletzt ein reichlich verspätetes Gesprächsangebot gemacht. Doch der Versuch, den Dialog zu suchen, scheiterte wie zu erwarten kläglich. Die Fans lehnten die Einladung dankend ab und verschärften ihrerseits die Kritik. So steuert alles auf einen Machtkampf hin, ausgefochten in den Stadien und auf Kosten des Fußballs. Insgeheim setzen die Deal-Befürworter unter den Vereinen und die DFL darauf, dass die strikte Anti-Haltung keine Mehrheit unter den Anhängern hat und die meisten anderen Anhänger im Stadion irgendwann genervt sind von den Protestaktionen. Erinnert sei an die Pfiffe in Berlin.
Bleibt die Frage, ob das tatsächlich der Fall ist. Es sei ein Trugschluss zu glauben, dass sich nur ein Bruchteil der Fans gegen den geplanten Investorendeal positioniere, ließen sie drohend wissen. Der Kampf ist noch längst nicht ausgefochten.
Quellen: DPA, „Süddeutsche Zeitung„, „Unsere Kurve„, „Frankfurter Rundschau„, „Sportschau„, „Eurospsort„