Die Autorin Colleen Hoover hat Tiktok im Sturm erobert. Im Jahr 2023 hat sie es geschafft, gleich sechs der Top-10-Bücher gleichzeitig auf der New York Times Bestsellerliste zu haben. Neben all dem Lob, gibt es aber auch einiges an Kritik für die Liebesroman-Autorin.
Wer auf Social Media unterwegs und an Büchern interessiert ist, wird die Autorin Colleen Hoover mutmaßlich kennen. Sie dominiert seit Jahren etliche Bestsellerlisten, ihre Bücher gelten als sogenanntes Booktok-Phänomen und ihre Geschichten sind so bekannt, dass sich Kleidung mit ihren beliebtesten Buchzitaten gut verkauft. Doch Colleen Hoover gehört mittlerweile nicht nur zu den größten und bekanntesten Autor:innen der Generation Z, sondern auch zu den Umstrittensten.
Das Phänomen „#Booktok“ ist gewaltig. Der Hashtag hat auf Tiktok einen regelrechten Lesehype unter jungen Menschen ausgelöst. Viele tauschen sich über ihre Lieblingsbücher aus, diskutieren die Inhalte und teilen ihre Neuentdeckungen. Der Effekt des Hashtags ist inzwischen so groß, dass er spürbare Auswirkungen auf den Buchmarkt hat. Viele Autor:innen sind über Tiktok bekannt geworden. Und eine Autorin, so scheint es, stiehlt allen anderen die Show: Colleen Hoover.
Die 44-jährige Mutter aus Texas hat bislang 20 Romane und Novellen veröffentlicht, ihren ersten Roman schrieb und veröffentlichte sie im Jahr 2012. Mit „Slammed“ (Deutscher Titel: „Weil ich Layken liebe“) gelang der damaligen Sozialarbeiterin, wovon viele Schriftsteller:innen träumen: Ohne Verlag, große Marketingkampagne oder Agent:innen schaffte sie es ganz alleine in nur wenigen Monaten auf die New York Times Bestsellerliste.
Von da an ging es steil bergauf für die Autorin, die von vielen ihrer Fans CoHo genannt wird. Sie schrieb ein erfolgreiches Buch nach dem anderen, doch mit dem Aufschwung von Booktok wurde ihre Karriere noch einmal in ganz andere Sphären katapultiert. Inzwischen hat sie auf Tiktok über 1,4 Millionen Follower:innen und weiß ganz genau, wie sie sich und ihre Bücher erfolgreich vermarkten kann – abseits der konventionellen Strukturen. Auf ihrer Webseite können ihre Fans, die sich selbst als CoHorts bezeichnen, nicht nur die beliebten Bücher der Autorin kaufen, sondern auch Hoovers eigene Modemarke erwerben. Marktforscher und Branchenkenner Peter Hildick-Smith sagte der „New York Times“ über das Phänomen Colleen Hoover: „Sie wiedersetzt sich den Gesetzen des Marktes.“ Und trotzdem oder gerade deshalb hat sie Erfolg.
Mit ihren Romanen für junge Erwachsene wurde die Autorin vom „Time Magazin“ zu den 100 einflussreichsten Personen 2023 gezählt. Sie habe, so das Magazin, eine ganze Generation dazu motiviert, wieder in Büchereien und Buchläden zu gehen. Allein im Jahr 2022 hat Hoover 8,6 Millionen gedruckte Bücher verkauft und damit sogar die Bibel überholt. Im Oktober des gleichen Jahres hat sie es geschafft, mit sechs Bücher gleichzeitig in den Top 10 der New York Times Bestsellerliste vertreten zu sein. Und das, obwohl einige davon schon vor Jahren erschienen sind.
Colleen Hoover hat das Erfolgsrezept gefunden
Ihre Bücher handeln meist von hoch emotionalen Dramen. Zwar hat sie mit „Verity“ auch einen Thriller und mit „Layla“ sogar ein Geisterbuch veröffentlicht, doch in den meisten ihrer Veröffentlichungen geht es um Herzschmerz, große Gefühle und Selbstfindung einer jungen Protagonistin. Ihre Bücher sind leicht zu lesen und ähneln sich oftmals. Eine formschöne weiße Protagonistin ist von ihrer Vergangenheit traumatisiert, sie hatte ein hartes Leben und zieht um. Weg von den Menschen, die sie missbraucht haben. Und dann wird es besser. Ihr Leben beginnt sich zu formen und die Leser:innen begleiten die Protagonistin auf ihrer Selbstfindungsreise. Hoovers Charaktere haben dabei oftmals ausgefallene Namen wie Ryle, Atlas, Lowen oder Chastin, die einen hohen Wiedererkennungswert haben. Sie hat offensichtlich ihr Rezept für erfolgreiche Romane gefunden.
Bei ihren Fans kommt das gut an. Sie schreiben fünf-Sterne-Bewertungen und loben die Werke der Autorin. „Ich habe das Buch regelrecht verschlungen!“, schreibt eine. „Wieder mal ein tolles Buch von Colleen Hoover!“, schreibt die nächste. „Ihr Schreibstil ist toll und lässt einen durch die Seiten fliegen, sodass man schnell am Ende des Buches ankommt.“
Trotz des großen Erfolgs, werden auch immer mehr kritische Stimmen laut. Anfang 2023 hat Hoover auf ihren Social-Media-Kanälen ein neues Projekt angekündigt: Ein Malbuch zu ihrem beliebtesten Buch: „It ends with us“. Die Kritik war groß. Denn in dem Roman geht es um eine toxische Beziehung, häusliche Gewalt und physischen und psychischen Missbrauch. Viele Fans kritisierten die Autorin für ihr fehlendes Taktgefühl. Zwar entschuldigte sich Hoover kurz darauf öffentlich und stoppte die Entwicklung des Malbuches komplett, doch für viele Fans war der Schaden bereits getan. Sie bekundeten im Netz, dass sie nun aufhören würden, die Bücher der Texanerin zu lesen.
Die Kritik wird laut
Das ist jedoch nicht die einzige Kritik an der Autorin. Auch die flachen Inhalte ihrer Bücher werden immer wieder bemängelt. So schrieb die Journalistin Kelly Schwint für den „Observer„: „Ein Colleen Hoover-Buch lässt sich am besten als Liebesroman für Erwachsene beschreiben, der mit unangenehmen Szenen, enttäuschenden Charakteren und abgedroschenen Sprüchen gespickt ist, die Hoover offensichtlich zu beliebten Zitaten machen will, die auf Pinterest gepostet werden.“
Viele Menschen im Netz teilen diese Ansicht. Sie schreiben außerdem, dass die Bücher von Hoover problematisch seien, denn sie würden Missbrauch verherrlichen. Buchbloggerin Whitney Atkinson hat gegenüber „CNN“ konkreter über die Kritik gesprochen. „Es war immer wieder dasselbe Thema: schüchterne Frauenfiguren und ein aufdringlicher, missbräuchlicher Liebespartner“, erklärte sie einem Interview. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand behauptet, dass man über missbräuchliches oder kontrollierendes Verhalten nicht schreiben kann. Es ist die Art und Weise, wie es geschrieben wird – als könnte es entschuldigt werden oder wäre einfach Teil einer normalen Beziehung.“
Doch aller Kritik zum Trotz: Colleen Hoovers Erfolg hält an und ist längst auch vom Netz in den klassischen Buchhandel geschwappt. Ein Faktor könnte sein, dass die Erfolgsautorin, die kaum Interviews gibt, als bodenständig gilt. So soll sie immer noch auf der Ranch leben, auf der sie aufgewachsen ist und gar dann und wann in ihrem Schlafanzug bei Walmart einkaufen gehen. Dort dürfte es ihre Bücher mittlerweile auch zu kaufen geben.
Quellen: CNN, The Observer, New York Times, Time, Colleen Hoover, SWR, NDR