Verdächtige festgenommen: Der dritten RAF-Generation ging es um Mord und nicht um eine bessere Welt

Jahrzehnte nach der Selbstauflösung der Rote Armee Fraktion wurde in Berlin Daniela Klette verhaftet, die der dritten und letzten RAF-Generation angehört haben soll. Bei dieser Truppe war der Terror nackt.

„Die RAF ist die Antwort für die Befreiung noch nicht gewesen“, hieß es in der letzten Botschaft der Terroristen. Sie traf am 20. April 1998 bei der Nachrichtenagentur Reuters ein und bestätigte, was seit Jahren klar war: Die 1970 gegründete Gruppe war Geschichte, ihr mörderischer Kampf endgültig gescheitert.

67 Menschen starben, über 200 wurden verletzt. Was mit dem Traum von einer besseren Welt begann, endete mit einer langen Blutspur. Bis heute leiden die Angehörigen der Opfer. Übrig blieb eine Reihe ungelöster Kriminalfälle, darunter die Morde an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen und Treuhand-Lenker Detlev Karsten Rohwedder. Klette und ihre Genossen aus dem letzten RAF-Aufgebot, von denen nur wenige namentlich bekannt sind, verbargen sich viele Jahre vor den Fahndern. Und besorgten sich wohl mit Überfällen das Geld für ein ziemlich bürgerliches Leben.Daniela Klette14.19

Es ging um Mord und Totschlag 

Als Herrhausens Auto 1989 von einer Bombe zerfetzt wurde, mutmaßten führende Sicherheitsbeamte, die RAF habe zeigen wollen, dass sie jeden töten könne, egal wie gut er geschützt werde. Tatsächlich aber demonstrierte der Mord etwas anderes: Die Gruppe hatte die Kraft verloren, den Staat herauszufordern. Sie hatte nie eine Chance − aber jetzt war sie endgültig geschlagen. Denn es gab niemanden mehr, der bereit war, sie als Kriegspartei anzuerkennen. Sie sei eine „winzige und isolierte Gruppe von Guerilla-Kämpfern ohne Krieg“, schrieb der Linguist Andreas Musolff. Die Altvorderen distanzierten sich von den Nachfolgern, die zwar immer perfekter ihre Taten ausführten, aber endgültig jede Resonanz in der Bevölkerung verloren hatten. „Die Aktionen wurden immer härter, die Reflexionen immer schwächer“, urteilte der früherer RAF-Mann Lutz Taufer, der 1974 zur RAF kam, als die Gründer um Andreas Baader und Ulrike Meinhof bereits wegen schwerster Verbrechen im Gefängnis saßen.

Die RAF hatte zu keinem Zeitpunkt mehr als ein paar Dutzend Kämpfer. Eine Bedrohung für den Staat konnte sie nur sein, wenn sie Unterstützer in der Bevölkerung fand. Eine Weile zumindest − Anfang der siebziger Jahre − schien ihr das zu gelingen. Doch dann wurde auch für revolutionsbegeisterte Veteranen der 68er-Bewegung immer deutlicher, dass es letztlich nicht um hehre Ziele ging, sondern um Mord und Totschlag.

1977 war der Höhe- und Wendepunkt. Es war das Jahr, in dem die RAF ihre Anführer aus dem Gefängnis befreien wollte − und zwar um jeden Preis. Im Frühjahr erschossen die Terroristen Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Seine Begleiter ermordeten sie gleich mit. Im Sommer musste Jürgen Ponto sterben, der Chef der Dresdner Bank − er hatte Widerstand gegen seine Entführung geleistet.

3. Generation RAF: Nur noch eine Handvoll Desperados 

Dann kam der Herbst, der bald der „Deutsche Herbst“ genannt werden sollte. Die Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und der Lufthansa-Maschine Landshut brachte den Staat an den Rand des Ausnahmezustands. Aber die Bundesregierung blieb unnachgiebig; opferte Schleyers Leben und befreite die Geiseln im Urlaubsflieger. Als sich die RAF-Anführer in der Nacht darauf in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim das Leben nahmen, war auch ihre Gruppe erledigt.

Der Mythos, dass es der Staat gewesen sei, der Andreas Baader und die anderen getötet habe, ließ die Reste der RAF noch eine Weile weiterleben. Aber spätestens nach dem Zusammenbruch der DDR funktionierte auch dieser Mythos nicht mehr. Denn die dort aufgespürten Terrorrentner packten über die Selbstmordpläne ihrer Altvorderen aus.Daniela Klette Facebook12:59

Was blieb, war eine Handvoll Desperados, die technisch immer perfekter tötete. Und so isoliert war, dass die meisten der Täter aus den 80er- und frühen 90er-Jahren bis heute unerkannt geblieben sind. Ende 1992 kündigten sie an, das Morden einzustellen. Es klang mehr nach Verzweiflung als nach Strategie oder besserer Einsicht. Die Mitteilung der Selbstauflösung war dann nur noch das späte Eingeständnis, dass der Weg des Terrors in eine Sackgasse geführt hatte, aus der es kein Entkommen gab.

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