Tiere: Gestrandete Gänsegeier werden am Edersee gepflegt

Zwei Exemplare der Vögel haben sich nach Hessen verirrt. Die Aasfresser fanden nicht ausreichend Nahrung und kamen geschwächt in eine Auffangstation.

Zwei Gänsegeier werden derzeit in der Greifenwarte im Wildtierpark Edersee aufgepäppelt. Eines der Tiere sei im nordhessischen Homberg (Efze) gefunden worden, der zweite Vogel nahe Dillenburg in Mittelhessen, berichtet Falknerin Jana Zulauf. Die beiden stammten vermutlich aus Spanien oder Südfrankreich. Geier seien Segler und ließen sich vom Wind treiben. Zwischen 200 und 250 von ihnen verirrten sich jährlich nach Deutschland. „Das Problem ist, dass sie als Aasfresser hier zu wenig Nahrung finden.“

So auch das Tier in Homberg, dessen Alter Zulauf auf sechs bis acht Jahre schätzt. Ein Ehepaar habe den Vogel am Rande einer Schafweide entdeckt und drei Tage lang beobachtet. „Vermutlich hat er darauf gewartet, dass eines der Schafe verendet.“ Der Geier sei schließlich von einem Mäusebussard attackiert worden und umgefallen. „Das war sehr ungewöhnlich“, hatte die Falknerin zuvor auch dem Hessischen Rundfunk gesagt.

Zwei Gänsegeier im Abstand von wenigen Tagen angekommen

Der Gänsegeier mit einer Flügelspannweite von etwa 2,50 Meter sei geschwächt gewesen und habe sich von ihr wehrlos einsammeln lassen, berichtet Zulauf weiter. Das war vor rund einem Monat. Nur wenige Tage später kam ein in Mittelhessen gefundenes Jungtier hinzu, das nach Einschätzung der Falknerin jünger als vier Jahre sein dürfte. Die Tiere teilen sich seither eine Voliere. 

Beide Vögel seien unverletzt gewesen, hätten aber dringend Nahrung benötigt. „Wenn Geier nichts fressen, fehlt es ihnen nicht nur an Futter. Sie trocknen auch aus“, so Zulauf. Die Tiere nähmen Feuchtigkeit über Nahrung auf.

Tiere wieder in sehr gutem Zustand

In der Greifenwarte werden die wilden Vögel jetzt gefüttert und versorgt. „Ihr Zustand ist inzwischen wieder sehr gut“, sagte Zulauf. Daher könnten und sollten sie so schnell wie möglich wieder in ihren natürlichen Lebensraum zurückgebracht werden, auch damit sich die Flugmuskulatur nicht zu stark zurückbilde, erklärte die Falknerin. 

Geplant sei, die Tiere Anfang oder Mitte August zu einer großen Geierkolonie in Italien zu bringen. Dann sollen auch Blutproben entnommen werden, um das Geschlecht der beiden Vögel festzustellen. „Von außen ist das nicht sichtbar. Aufschluss darüber gibt nur eine DNA-Probe.“

Nachwuchs ausgeschlossen

Selbst wenn es sich schließlich um Weibchen und Männchen handeln sollte, mit Nachwuchs aus der gemeinsamen Zeit am Edersee ist nicht zu rechnen. „Erstens sind die Vögel nicht in ihrem natürlichen Lebensraum. Zweitens handelt es sich um ein Alt- und ein Jungtier, das noch nicht geschlechtsreif ist. Und drittens wählen Geier ihren Partner sehr sorgsam aus und bleiben – wenn möglich – ein Leben lang mit ihm zusammen“, so Zulauf.

Nach Hessen habe es seit über 100 Jahren erstmals 2006 wieder einen Geier verschlagen, sagte Stefan Stübing von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) in Echzell. „Die Tiere kommen inzwischen mit einer gewissen Regelmäßigkeit nach Deutschland“, erläuterte der Experte. Als Aasfresser seien die Nahrungsbedingungen hierzulande allerdings nicht günstig. Und wenn dann noch schlechte Wetterbedingungen für sie herrschten, säßen Geier fest.

Beobachtungen können in Online-Portal gemeldet werden

Die Tiere lebten normalerweise in wärmeren Gebieten wie Südeuropa und Afrika, denn sie brauchten zum Fliegen Thermik. Sie nutzten den Auftrieb der Wärme. „Bei Regen können die Vögel nicht fliegen“, erklärte Stübing. 

Wie soll man sich bei einer Sichtung verhalten? „Wenn ein Geier fliegt, geht es ihm gut“, so Stübing. Fachliche Hilfe sei vonnöten, wenn der Vogel längere Zeit am Boden verharre und geschwächt sei. In dem Fall könne man sich etwa an den örtlichen Naturschutzverband, das Forstamt, einen Tierarzt oder eine Auffangstation wenden. Wichtig sei, Abstand zu halten, um das Tier nicht unnötig zu beunruhigen. Beobachtungen von Geiern sollten möglichst per Foto dokumentiert und im Online-Portal für Vogelbeobachtungen „Ornitho“ gemeldet werden. 

 

 

 

Verwandte Beiträge