Muss ein Yoga-Zentrum einer Frau für ihre Arbeit Mindestlohn zahlen? Ja, sagt das Bundesarbeitsgericht. Der Verein sieht sein Recht auf Religionsausübung verletzt – und legt Verfassungsbeschwerde ein.
Im Streit um die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für die Mitarbeit in einem Yoga-Ashram will das Bundesverfassungsgericht heute eine Entscheidung bekanntgeben. Ein Yoga- und Meditationszentrum hatte sich mit Verfassungsbeschwerden gegen zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts an den Karlsruher Senat gewandt. Das Erfurter Gericht hatte 2023 unter anderem entschieden, dass einer ehemaligen Priesterin aus dem gemeinnützigen Verein Mindestlohn statt eines Taschengeldes zusteht.
Die damals erfolgreiche Klägerin – eine Juristin und geweihte Priesterin mit der Befähigung, bestimmte Rituale zu vollziehen – war von 2012 bis 2020 Mitglied der Yoga Vidya e.V. und dort als „Sevaka“ (Dienende) etwa in der Seminarplanung und im Onlinemarketing tätig. Der bundesweit agierende Verein mit Sitz in Nordrhein-Westfalen ist nach eigenen Angaben Europas größtes Aus- und Weiterbildungszentrum für Yogalehrer. Er versteht sich als spirituell-religiöse Lebensgemeinschaft.
Die Arbeitsrichter urteilten, die Klägerin habe weder als Vereinsmitglied noch als Mitglied einer weltanschaulichen Gemeinschaft, sondern als Arbeitnehmerin Dienste erbracht. Ihr stehe daher Mindestlohn zu (Az. 9 AZR 253/22). Ähnlich ging die Klage eines zweiten Ashram-Mitglieds aus.
Gegen die Urteile geht Yoga Vidya nun am höchsten deutschen Gericht vor. „Wir sehen unser Recht auf freie Religionsausübung verletzt“, sagte eine Sprecherin. Der Seva-Dienst sei elementarer Bestandteil ihres Glaubens und nicht als Arbeit zu bewerten. „Wir erhoffen uns, dass uns die Karlsruher Richter und Richterinnen als Religionsgemeinschaft behandeln und sie unsere Tätigkeiten im Ashram als religiöse Handlungen bewerten werden.“