Bolsonaro weist vor zehntausenden Anhängern Putschvorwürfe zurück

Der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat bei einer Rede vor zehntausenden Anhängern die Vorwürfe eines Putschversuchs nach der Wahl 2022 zurückgewiesen. „Was ist ein Putsch? Panzer in den Straßen, Waffen, eine Verschwörung“, sagte der ultrarechte Politiker am Sonntag bei einer Kundgebung in der Wirtschaftsmetropole São Paulo. „Nichts davon ist in Brasilien passiert.“

Bolsonaro warf der Regierung seines Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva erneut vor, ihn politisch zu „verfolgen“. Niemand dürfe ohne „gerechten Grund“ von der politischen Bühne verbannt werden, sagte er.

Der Rechtsaußen-Politiker war im Juni vergangenen Jahres vom Obersten Wahlgericht des Landes wegen unbelegter Wahlbetrugsvorwürfe für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen worden. Außerdem ermittelt derzeit der Oberste Gerichtshof gegen Bolsonaro wegen des Verdachts, zu Unruhen nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 angestiftet zu haben. Bei einer halbstündigen Befragung am Donnerstag im Hauptquartier der Bundespolizei in der Hauptstadt Brasília weigerte er sich, Fragen zu beantworten.

Am 8. Januar 2023 hatten Bolsonaro-Anhänger zu Tausenden das Regierungsviertel in Brasília gestürmt. Sie attackierten und verwüsteten das Parlament, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast. Bolsonaro hatte den Wahlsieg seines linksgerichteten Nachfolgers Lula nicht explizit anerkannt; vor und nach der Wahl hatte er immer wieder von Wahlbetrug gesprochen. 

Mit der Großkundgebung in São Paulo ließ der 68-Jährige nun seine politischen Muskeln spielen. Seine Anhänger strömten gekleidet in den brasilianischen Nationalfarben Grün und Gelb zur Avenida Paulista, einer der wichtigsten Straßen der größten Metropole Lateinamerikas. Bolsonaro forderte in seiner Rede eine Amnestie für jene, die nach dem Angriff auf die staatlichen Institutionen vom 8. Januar 2023 festgenommen wurden – und bezeichnete sie als „arme Schweine“.

Der Präsident der Jahre 2019 bis 2022 hatte seine Unterstützer in den vergangenen Tagen in mehreren Videos in den Onlinenetzwerken zu einer „friedlichen Versammlung zur Verteidigung des demokratischen Rechtsstaats“ aufgerufen. Trotz  der schweren Vorwürfe gilt Bolsonaro weiterhin als Oppositionsführer und wird von seinen Anhängern bewundert. Der Protest am Sonntag galt als Test für seine Unterstützung vor den Kommunalwahlen im Oktober, bei denen sein Einfluss eine Rolle spielen dürfte.

In der Menschenmenge in São Paulo befand sich auch der 63-jährige Wilson Aseka, der aus seinem 700 Kilometer entfernten Wohnort im Nachbarstaat Minas Gerais angereist war. „Bolsonaro ist ein ehrlicher Mensch, ein Opfer von Verfolgung“, sagte Aseka. „Es ist wichtig, ihn zu unterstützen, denn er steht für Gott, Vaterland und Familie“, wiederholte der Demonstrant den Slogan Bolsonaros.

Bolsonaro kam mit einer israelischen Flagge zur Kundgebung, zu der Organisatoren mindestens 500.000 Menschen erwartet hatten – eine Geste gegen die Äußerungen von Präsident Lula, der das israelische Vorgehen im Gazastreifen kürzlich mit dem Holocaust verglichen hatte.

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