Mit fröhlichem Kichern und ohne Hemmungen hat „Dr. Ruth“ offen über Sex gesprochen und von den USA aus die Welt erobert. Die Holocaust-Überlebende hatte auch in Deutschland viele Fans.
Die Sex-Therapeutin Ruth Westheimer ist tot. Die als „Dr. Ruth“ bekannte Psychologin starb am Freitagabend (Ortszeit) im Alter von 96 Jahren und in Anwesenheit ihrer Kinder Miriam und Joel, bestätigte Sprecher Pierre Lehu der Deutschen Presse-Agentur dpa. Westheimer gilt besonders in den USA als wichtige Wegbereiterin für einen offenen Umgang mit Sex- und Partnerschaftsfragen.
Sie wurde 1928 als Karola Ruth Siegel in Wiesenfeld in der Nähe von Frankfurt in eine jüdische Familie geboren und als Zehnjährige, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, mit einem Kindertransport in die Schweiz gebracht. Sie überlebte den Holocaust und nahm 1965 die US-Staatsbürgerschaft an, später erlangte sie auch ihre deutsche Staatsbürgerschaft zurück.
Mit der Radiosendung „Sexually Speaking“ begann Karriere
Auftakt von Westheimers Karriere war die Radiosendung „Sexually Speaking“ (zu Deutsch etwa „In sexueller Hinsicht“), in der sie Fragen von Hörern beantwortete. Schnell war der Erfolg so groß, dass weitere Sendungen in Radio und Fernsehen folgten. Mit Sprecher Pierre Lehu zusammen veröffentlichte Westheimer auch mehrere Bücher, darunter „Sex für Dummies“ und „Silver Sex – Wie sie ihre Liebe lustvoll genießen“.
Ihr charakteristisches Kichern und ein offener Umgang mit Sex-Tipps verschafften ihr viele Fans. Ohne Hemmungen sprach sie über Themen wie Ejakulation und Masturbation, so dass Hunderttausende anonym den Rat der mütterlichen Expertin suchten. „Ihr Name und der ausgeprägte Klang ihrer Stimme sind untrennbar mit dem Thema Sex verbunden“, schrieb die „New York Times“ einmal.
2019 bekam sie das Bundesverdienstkreuz
Westheimer hatte viele internationale Anhänger und bekam 2019 auch das Bundesverdienstkreuz. „Die Fragen sind überall die gleichen“, sagte sie einmal der Deutschen Presse-Agentur. Zwar brüste sich jedes Land, die besseren Liebhaber zu haben. Sie aber könne beileibe keinen Weltbesten erkennen. Purer „Quatsch“ sei auch das Bild vom angeblich so puritanischen Amerika im Vergleich zu einem sexuell sehr viel freieren Europa. Insgesamt hat Westheimer mehr als 30 Sex-Ratgeber verfasst.