Die Produktion im produzierenden Gewerbe ist im Mai überraschend stark gesunken. Preis-, saison- und kalenderbereinigt ging sie im Vergleich zum Vormonat um 2,5 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag auf Basis vorläufiger Angaben mitteilte. Die erhoffte wirtschaftliche Erholung nach der Energiekrise rückt damit wieder weiter in die Ferne.
Die reine Industrieproduktion – ohne Energieproduktion und Baugewerbe – sank den Angaben zufolge um 2,9 Prozent. Im April hatte die Produktion weitgehend stagniert. Die Statistiker korrigierten die vorläufigen Angaben hier von minus 0,1 Prozent auf plus 0,1 Prozent.
Besonders ein starker Rückgang in der Automobilindustrie um 5,2 Prozent beeinflusste die Entwicklung im Mai negativ. Im Vormonat hatte die Produktion hier noch um 4,5 Prozent zugelegt. Besonders stark ging auch die Produktion in den Bereichen elektrische Ausrüstung (minus 7,2 Prozent), Maschinenbau (minus 5,9 Prozent) und Pharma (minus 5,4 Prozent) zurück, wie das Bundeswirtschaftsministerium präzisierte.
Positives vermeldeten hingegen die Hersteller von Getränken (plus 3,2 Prozent), chemischen Erzeugnissen (plus 2,4 Prozent) sowie Nahrungs- und Futtermitteln (plus 1,4 Prozent). Der Output im Bausektor sank den Statistikern zufolge um 3,3 Prozent, die Energieproduktion legte um 2,6 Prozent zu. Das Bundeswirtschaftsministerium verwies auf den weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich. Für die Industrie ergebe sich so weiterhin ein leichtes Plus von 0,4 Prozent.
„Zusammen mit der jüngsten Eintrübung der Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe deuten die anhaltenden Rückgänge bei den Auftragseingängen zunächst noch auf eine eher verhaltene Industriekonjunktur in den kommenden Monaten hin“, erklärte das Ministerium. Drastischer drückte es Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, aus: „Die Hoffnung auf eine Wende bei der Industriekonjunktur schon im Frühjahrsquartal hat sich damit zerschlagen.“
Dullien zufolge ist nun auch ein erneutes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal denkbar. Die bisherigen Prognosen für das laufende und wohl auch das kommende Jahr könnten sich als zu optimistisch herausstellen.
„Eine schlechte Auftragslage trifft auf ungünstige Rahmenbedingungen: Personalengpässe, nach wie vor hohe Kosten, beispielsweise für Energie, und bürokratische Hürden bremsen die Industrie aus“, erklärte Melanie Vogelbach von der Deutschen Industrie- und Handelskammer.
Der ING-Analyst Carsten Brzeski verwies auf die vielen Feiertage im Mai. „Um ein negatives Quartal für die Industrieproduktion zu verhindern, bräuchte es dennoch ein hervorragendes Ergebnis der Industrieproduktion im Juni von rund fünf Prozent Plus“, fügte er hinzu. Und danach sehe es nicht aus. „Die deutsche Wirtschaft verliert wieder an Fahrt.“