Wachstumschancengesetz: Kritik an Union nach Blockade im Vermittlungsausschuss

Nach ihrem Nein im Vermittlungsausschuss zum Wachstumschancengesetz erntet die Union scharfe Kritik von Koalitionspolitikern und Wirtschaftsverbänden. Die derzeitige Vorsitzende des Ausschusses, Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD), sprach am Donnerstag von „taktischen Spielchen“ der Union. FDP-Bundestagsfraktionsvize Christoph Meyer nannte das Verhalten der Union eine „selbstherrliche Blockadehaltung“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie sprach von einem „katastrophalen Zeichen“. Am Freitag soll der Bundestag erneut über das Gesetz abstimmen.

Am Mittwochabend war im Vermittlungsausschuss keine Einigung zwischen den Ampel-Parteien und der Union über das Gesetz zustande gekommen. Das Gesetz sieht Entlastungen für die Wirtschaft in Höhe von rund drei Milliarden Euro vor. Die Union will der Vorlage nur zustimmen, wenn die Bundesregierung die schrittweise Streichung der Subventionen bei Agrar-Diesel zurücknimmt. 

Der Agrardiesel habe mit dem Wachstumschancengesetz aber „gar nichts zu tun“, sagte Schwesig am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Die Union weiß das – und mich wundert das sehr.“ Die Union selbst habe bislang verhindert, dass das Gesetz zum Agrardiesel überhaupt im Bundesrat angekommen sei. Deshalb könne sich auch der Vermittlungsausschuss gar nicht damit befassen.

Das Gesetz hatte in seiner ursprünglichen Version bereits den Bundestag passiert, war im Bundesrat aber wegen Finanzierungsbedenken gescheitert. Die Ampel-Regierung legte daraufhin eine abgespeckte Version vor und sieht statt der ursprünglich geplanten sieben Milliarden nun nur noch drei Milliarden Euro an Entlastungen vor. 

Der Bundestag soll nun am Freitagvormittag über diese Version abstimmen. Am 22. März ist eine Entscheidung Bundesrat geplant. Ohne die Unions-Stimmen kann das Gesetz dort aber nicht verabschiedet werden.

Der FDP-Abgeordnete Meyer sagte der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag, die Union befördere „den Verlust von Wohlstand in ganz Deutschland“. „Wir appellieren an die Union, umzudenken und dem Gesetz zum Wohle des Landes zuzustimmen.“ Die Union stelle die Dieselsubventionen für Bauern „über die Nöte der gesamten Wirtschaft“, kritisierte Meyer. 

Neben Schwesig kritisierte eine weitere SPD-Ministerpräsidentin die Union. Die rheinland-pfälzische Landeschefin Malu Dreyer nannte die Verknüpfung des Gesetzes mit den Agrar-Subventionen „sachfremd“. Wenn die Union bei ihrem Votum bleibe, verhindere sie „notwendige Entlastungen für Investitionen, Forschung und Wohnungsbau“ und schade damit der deutschen Wirtschaft, erklärte Dreyer am Mittwochabend.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) appellierte an die Union: „Hören Sie auf die Wirtschaftsverbände und geben Sie dem Wachstumschancengesetz endlich grünes Licht.“

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hält die Verknüpfung des Gesetzes mit Agrarsubventionen „wirklich für schwierig“. Dass es bisher zu keiner Einigung gekommen sei, sei „für Investitionen von Unternehmen ein katastrophales Zeichen“, sagte Russwurm im Deutschlandfunk.

Auch vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) kam scharfe Kritik an CDU und CSU. „Die Union nimmt für die Entlastung der Landwirtschaft die Gesamtwirtschaft in Geiselhaft“, erklärte Verbandspräsident Dirk Jandura am Donnerstag.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisierte die „Wackelpartie“ um das Gesetz. „Das schürt den Frust in vielen Unternehmen, die zu Recht daran zweifeln, ob die Politik den Ernst der Lage erkannt hat“, erklärte DIHK-Präsident Peter Adrian. Die negative psychologische Wirkung auf die gesamte Wirtschaft sei „zunehmend verheerend.“ 

Die Union verteidigte ihr Vorgehen im Vermittlungsausschuss. „Wirtschaft ist Wirtschaft. Das müssen wir endlich mal in Deutschland begreifen, dass die Landwirtschaft auch Wirtschaft ist“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Donnerstag den Sendern RTL und ntv. Mit einseitigen Belastungen der Landwirte müsse „Schluss sein“. 

Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) schrieb bei X, der „Weg der Ampelregierung, einen Teil der Wirtschaft zu entlasten, indem ein anderer Teil – die Landwirtschaft – belastet wird, ist falsch“. Das Wachstumschancengesetz müsse daher „erweitert werden um ein Entlastungspaket für unsere Bauern“.

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