Konjunkturschwäche: Nicht die Ampel schadet der deutschen Wirtschaft – sondern ihre falschen Ideologien

Die Weltwirtschaft wächst, aber in Deutschland stagniert die Konjunktur. Das liegt auch an der Vorstellung einer „werteorientierten Außenpolitik“.

Während andere große Wirtschaftsnationen wieder stärker wachsen, verliert die deutsche Wirtschaft zunehmend den Anschluss. Lediglich um 0,2 Prozent soll sie dieses Jahr wachsen, so die aktuelle Schätzung des Jahreswirtschaftsberichts der Bundesregierung, die Vizekanzler Robert Habeck gerade vorstellte.

Sicher hat die anhaltende Ehekrise der Ampel-Regierung ihren Teil dazu beigetragen: Monatelange Diskussionen um die vermeintlich richtigen Entscheidungen haben der deutschen Wirtschaft einen Bärendienst erwiesen. Unser Land steht zum großen Teil vor den selben Herausforderungen wie im vergangenen Jahr: hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, eine enorme Steuerlast für Unternehmen und jede Menge Bürokratie. 

All das schmälert die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland. In der Folge verlagern Unternehmen Teile ihrer Produktion ins Ausland. Der Haushaltsgerätehersteller Miele ist hier nur ein Beispiel von vielen. Rund 2000 Arbeitsplätze stehen dort auf dem Spiel. Bislang gibt es keine adäquaten Antworten der Regierung auf diese Misere. Im Gegenteil: Das innenpolitische Ping-Pong-Spiel der Ampel, bei dem unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen, und toll klingende Konzepte wie das „Wachstumschancengesetz“, deren Umsetzung im Bundesrat hängt, verschlimmbessern die Lage der Nation.

Wachstumschancengesetz12:39

Der Fehler mit der werteorientierten Wirtschaftspolitik

So weit, so schlecht. Doch perfekt erscheint das Chaos erst mit einem Blick auf die außenpolitische Entwicklung – und deren Folgen für die deutsche Wirtschaft. Der Ukrainekrieg hat in der Bundesregierung zu einem Umdenken in der Wirtschaftsstrategie geführt: Weg von einer interessengeleiteten hin zu einer verstärkt werteorientierteren Wirtschaftspolitik, die eine Reihe interessanter Vokabeln mit sich brachte: „Systemrivalen“, „De-Risking“, „Wertepartner“, „Sanktionspakete“. 

Im Kern ging und geht es darum, wirtschaftliche Beziehungen mit Partnern zu stärken, die unsere Werte teilen – und Verflechtungen mit autoritären Staaten zu reduzieren. Im Fall von Russland zeigte sich der neue Kurs in den Wirtschaftssanktionen und der wachsenden Entkopplung von russischen Energien. Im Fall von China schraubte die deutsche Regierung monatelang an einer „China-Strategie“, die zu mehr ökonomischer Unabhängigkeit vom Reich der Mitte führen sollte. 

Faktisch katapultiert dieser Kurswechsel Deutschland ins ökonomische Abseits. Der vermeintliche Verzicht auf russische Rohstoffe hat die deutschen Energiepreise explodieren lassen. Indien nutzte die Gunst der Stunde, in dem es größere und günstigere Mengen russischen Öls kaufte und einen Teil davon wiederum teurer nach Europa verschiffte. Wir zahlen also mehr Geld für das gleiche Öl russischen Ursprungs, nur weil es jetzt als indisch „gelabelt“ ist. 

Jahreswirtschaftsbericht19.18

Mit welchen Ländern wollen wir künftig noch handeln?

Der Schuss ging nach hinten los. Und auch mit der „China-Strategie“ hat die Regierung der Wirtschaft keinen Gefallen getan. Wirtschaftliche Risiken zu reduzieren, ist an und für sich ein guter Gedanke. Doch reicht der Ansatz allein nicht, wenn keine ausreichenden Alternativen geschaffen werden. 

Wenn die deutsche Wirtschaft die Verflechtungen mit einem seiner wichtigsten Handelspartner lockern soll, welche Länder füllen die entstehenden Lücken dann aus? Weder konnte bis heute das lang ersehnte Mercosur-Abkommen mit relevanten lateinamerikanischen Staaten abgeschlossen werden, noch ist ein Freihandelsabkommen mit Indien bislang zustande gekommen.

Zudem birgt die stärkere Konzentration auf „Wertepartner“ ein weiteres Risiko: Verändert sich die Politik in dem jeweiligen Land, könnten sich auch die Werte verändern. Die USA sind hierfür das beste Beispiel. Sollte Donald Trump die US-Wahlen dieses Jahr gewinnen, könnten sich auch die ökonomischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA verschlechtern. Auf der Basis von gemeinsamen Werten Geschäfte zu machen, ist eine romantische Vorstellung und zeitgleich ein gefährliches Unterfangen für die eigene Volkswirtschaft.

Habecks Ost-Tour6.06

Prosperierende Konjunktur: Trotz allem kein Wunschtraum

Und jetzt? Das Gute ist: Aus Fehlern kann man lernen. Eine wieder prosperierende deutsche Wirtschaft muss kein Wunschtraum sein. Vielmehr liegt es in der Hand der deutschen Politik, diesen Zustand herbeizuführen. Neben den eingangs beschriebenen innenpolitischen Herausforderungen könnte die jetzige Regierung ihren außenpolitischen Wirtschaftskompass neu justieren: weniger Ideologie und ein stärkerer Fokus auf gemeinsame Interessen. Zwar pflegt Deutschland auch heute noch wirtschaftliche Beziehungen zu „Nicht-Wertepartnern“. Doch allein eine Verwendung oder gar eine Konzentration auf das Wort „Wertepartner“ schränkt den Radius potenzieller deutsch-ausländischer Handelspartnerschaften unnötig ein. 

Im Übrigen: Handelsbeziehungen auf der Basis gemeinsamer Interessen sind kein Widerspruch zu einer werteorientierten Politik. Im besten Fall verschaffen Beziehungen auf dieser Grundlage unseren Werten mindestens mehr Sichtbarkeit auf großer Bühne. Je vielfältiger unsere Handelspartner also sind, desto diverser und damit sicherer ist die deutsche Wirtschaft aufgestellt. Dies erhöht unmittelbar unsere Erfolgschancen im internationalen Vergleich und verschafft uns somit auch in Zukunft einen Platz am Tisch der globalen Gestalter und Entscheider. 

Ein Tisch, an dem nur diejenigen Platz nehmen, die wirtschaftlich stark sind. Ein Tisch, an dem es sich zu sitzen lohnt.

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