Maaßen und die CDU – das ist Geschichte. Nun will der frühere Präsident des Verfassungsschutzes mit der neuen Partei Werteunion selbst Politik machen. Doch das Feld rechts von der Union ist umkämpft.
Die Werteunion um den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen hat eine Partei gegründet und will rechts von der Union um Wähler werben. Maaßen (61) wurde einstimmig zum Vorsitzenden gewählt – die Partei nahm auch ein erstes Programm an. Für die Gründung hatten sich Maaßen und seine Anhänger am Samstag auf einem gecharterten Ausflugsschiff auf dem Rhein nahe Remagen getroffen.
Maaßen sagte, man habe sich nahe Bonn versammelt, weil die Werteunion anknüpfen wolle an die Bonner Republik. „Wir wollen einfach zurück in die Zukunft. Die Zukunft kann nur wertegebunden sein, indem wir die Werte, die die alte Bundesrepublik stark gemacht haben, die alte CDU stark gemacht haben, wieder nutzen als Mittel, als Möglichkeiten, die Probleme von heute und vor allem von morgen zu bewältigen“, sagte Maaßen.
In einem am Freitagabend gesendeten Interview mit dem Sender tv.berlin sagte Maaßen, die Werteunion wolle die Lücke füllen zwischen der klassischen CDU/CSU, die den Weg verlassen habe, und der AfD, die radikal geworden sei. Die Werteunion sei für Freiheit, Rechtsstaat, Demokratie, Toleranz, aber auch für einen Rückzug des Staates aus dem Leben. „Wir möchten das kritische Bürgertum ansprechen, und zwar von den Konservativen über die Markt- und Nationalliberalen, die Libertären (…) bis hin zu den klassischen Sozialdemokraten, die eine Sozialdemokratie eines Helmut Schmidt vertreten haben.“
Die Weichen für die Parteigründung hatte der konservative, lange CDU-nahe Verein Werteunion im Januar bei einer Mitgliederversammlung in Erfurt gestellt mit der Übertragung des Namensrechts. Die Maaßen-Partei ist die zweite prominente Neugründung 2024. Zuerst hatte sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) der ehemaligen Linke-Politikerin als Partei formiert. Die Werteunion soll laut Maaßen bei den Landtagswahlen im September in Brandenburg, Sachsen und Thüringen antreten, nicht aber bei der Europawahl im Juni.
Zu stellvertretenden Vorsitzenden der Werteunion wurden der frühere Vorsitzende des Vereins Werteunion, Alexander Mitsch, der Vize-Admiral a.D, Kay-Achim Schönbach, und der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Weiler gewählt.
Der CDU-Vorstand hatte im vergangenen Jahr gegen Maaßen ein Ausschlussverfahren eingeleitet – im Januar war Maaßen dann selbst aus der CDU ausgetreten. Maaßen war von 2012 bis 2018 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schickte ihn im November 2018 in den einstweiligen Ruhestand. Zu den Gründen für diese Entscheidung zählten Äußerungen Maaßens zu Ausschreitungen in Chemnitz sowie ein Redemanuskript des damaligen Behördenleiters, in dem mit Blick auf den seinerzeitigen Koalitionspartner von „linksradikalen Kräften in der SPD“ die Rede war. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz Maaßen im Blick hat. Wie aus einem Schreiben hervorgeht, das Maaßen selbst veröffentlichte, speicherte der Verfassungsschutz Daten zu Maaßen im Informationssystem der Behörde im Bereich Rechtsextremismus.
In dem politischen Spektrum zwischen Union und AfD werben bereits mehrere kleinere Parteien um Wähler. Dazu zählt die 2022 gegründete Kleinpartei Bündnis Deutschland, die konservative Positionen vertritt und das Nationale betont. Weniger als 700 Mitglieder hat die Partei Wir Bürger. Ihr gehören einige frühere AfD-Mitglieder an, die sich 2015 gemeinsam mit Bernd Lucke aus der AfD verabschiedet hatten, weil ihnen diese zu radikal geworden war. Die Partei hieß anfangs Alfa und dann vorübergehend Liberal-Konservative Reformer (LKR).
In dem Entwurf für das Gründungsprogramm der Werteunion finden sich einige Aussagen, die es in ähnlicher Form auch im Grundsatzprogramm der AfD gibt – unklar war zunächst, welche Passagen bei der Gründungsversammlung noch geändert wurden. Das beschlossene Programm sollte am Abend veröffentlicht werden. „Wir sind für den Rückbau des Parteienstaates und für den Ausbau der Herrschaft des Volkes, auch durch die Einführung plebiszitärer Elemente wie der Volksabstimmung“, hieß es in dem Entwurf der Werteunion. Die AfD schreibt: „Wir wollen dem Volk das Recht geben, über vom Parlament beschlossene Gesetze abzustimmen.“ Die Werteunion will laut Entwurf, dass Kinder „vor allem in Kitas und Schulen vor Frühsexualisierung und Genderideologie geschützt werden“. Die AfD fordert, „keine Frühsexualisierung in Krippen, Kindergärten und an den Schulen zuzulassen und die Verunsicherung der Kinder in Bezug auf ihre sexuelle Identität einzustellen.“
Maaßen und seine Mitstreiter hatten dem Vernehmen nach in den vergangenen Monaten Gespräche über eine mögliche Kooperation mit Vertretern mehrerer rechtskonservativer Parteien und Bewegungen sowie mit einzelnen Mandatsträgern geführt. Bisher sieht es allerdings nicht so aus, als würde daraus demnächst eine größere Allianz entstehen.
Interview tv.berlin Werteunion