Wissentlich soll Björn Höcke in einer Rede eine Parole der SA verwendet haben. Deshalb steht er seit vergangenem Donnerstag vor Gericht. Nun könnte der AfD-Politiker selbst zu den Vorwürfen aussagen.
Hat Björn Höcke gewusst, dass es sich bei der Formulierung „Alles für Deutschland“ um eine verbotene Parole der Sturmabteilung (SA) der NSDAP handelt, und sie trotzdem in einer Rede verwendet? Das ist die Schlüsselfrage im Prozess gegen Thüringens AfD-Chef. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Der frühere Geschichtslehrer wusste, was er tut. Nun soll er an diesem Dienstag die Möglichkeit bekommen, sich vorm Landgericht in Halle zu den Vorwürfen gegen ihn zu äußern.
Der Prozess gegen Höcke wurde am vergangenen Donnerstag eröffnet. Dazu waren auch Hunderte politische Gegner des Angeklagten sowie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Presse in die Saalestadt gekommen.
Höcke wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zur Last gelegt. Der Verlauf des Prozesses verzögerte sich zu Beginn enorm – auch, weil Höckes Anwälte mehrere Anträge und Beschwerden einlegten. Sie verlangten unter anderem, dass alle Verhandlungstage per Tonaufnahme dokumentiert werden. Außerdem sollte noch einmal geklärt werden, ob das Landgericht Halle für den Prozess überhaupt zuständig ist.
Zum Ende des ersten Prozesstags kündigte die Verteidigung an, Höcke werde sich im Prozessverlauf äußern und auch Fragen der Staatsanwaltschaft beantworten. Am zweiten Verhandlungstag ist dafür Zeit eingeplant.
Eine Woche vor dem Beginn des Prozesses hatte Höcke seine Wortwahl in einem Fernsehduell mit dem Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt verteidigt. Er habe die Parole in einer freien Wahlkampfrede genutzt und letztlich den Slogan „America First“ von Donald Trump frei interpretierend ins Deutsche übertragen, sagte er beim Sender Welt.
Auf die Frage, ob er während der Rede nicht gewusst habe, dass „Alles für Deutschland“ eine SA-Parole sei, sagte er: „Nein, ich wusste es nicht.“ Es handele sich um einen Allerweltsspruch, sagte Höcke, der bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September als Spitzenkandidat seiner Partei ins Rennen gehen will. Die AfD wird in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Der Prozess in Halle ist der erste dieser Art gegen Höcke. Ausgangspunkt für die Anklage gegen den AfD-Politiker ist eine Rede, die er im sachsen-anhaltischen Merseburg (Saalekreis) im Mai 2021 gehalten hat. Dabei soll er die verbotene SA-Parole gesprochen haben. Daraufhin wurde er vom damaligen Grünen-Chef Sachsen-Anhalts, Sebastian Striegel, angezeigt. Im Dezember vergangenen Jahres soll Höcke den Ausspruch dann noch einmal bei einem Auftritt in Gera verwendet haben. Dieser Fall ist derzeit aber nicht Teil der Verhandlung in Halle.
Wegen des hohen öffentlichen Interesses findet der Prozess nicht direkt im Landgericht in Halle, sondern in einem größeren Gerichtssaal im Justizzentrum statt. Insgesamt sind vier Hauptverhandlungstage bis Mitte Mai geplant. Dies könnte sich im Verlauf der Verhandlung jedoch noch ändern.
In Zukunft wird sich der in Nordrhein-Westfalen geborene Politiker auch wegen weiterer Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen. Am Landgericht Mühlhausen wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen – Termine für die Verhandlung gibt es dort noch nicht.