Auf dem Weg zur Klimaneutralität muss der Freistaat noch viele offene Fragen klären. Nun lässt eine neue Studie aufhorchen. Demnach muss in Bayern dank Flüssen und Bächen eigentlich niemand frieren.
Der komplette Wärmebedarf für alle Gebäude in Bayern kann durch die Nutzung der Wassertemperatur in Bayerns Flüssen gedeckt werden. Das geht aus einer an diesem Freitag veröffentlichten Studie hervor. Um den Bedarf der Haushalte und des Gewerbes von aktuell rund 150 Terawattstunden decken zu können, „müsste dem aus den Flüssen erster und zweiter Ordnung entnommenen Wasser lediglich 1,5 Grad Wärme entzogen werden“, teilten unter anderem der Verband der Bayerischen Energie und Wasserwirtschaft (VBEW) und die Landesgruppe Bayern des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) mit. Mithilfe von Wärmepumpen stehe demnach Energie zum Heizen bereit, und die Gewässer würden durch kühleres Wasser sogar ökologisch davon profitieren.
Flüsse erster Ordnung sind etwa Isar, Lech und Donau, in der Kategorie zweiter Ordnung finden sich auch teils kleine regional begrenzte Bachläufe. Laut Studie könnte hier mindestens die Hälfte der bayerischen Städte und Gemeinden für die Wärmeplanung Wärmepumpen an ihren Flüssen nutzen. Bundesweit gibt es bisher nur einzelne Untersuchungen zur sogenannten Aquathermie. Es sei daher die erste Potenzialabschätzung für ein ganzes Bundesland.
Erstellt wurde die Studie von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE). Neben VBEW und VKU gehörten auch die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW) zu den Auftraggebern. „Die ersten Nutzungen an den großen Flüssen und Seen in Europa haben uns motiviert, dieses Potenzial zu untersuchen“, sagte Gunnar Braun, Geschäftsführer des VKU. Als Beispiele nannten sie Projekte in Schweden, der Schweiz oder Dänemark, aber auch in Mannheim, Köln oder Rosenheim werde bereits Flusswärme für Heizzwecke genutzt.
Die Nutzung der Flusswärme wäre auch klimafreundlich, so das Fazit der Studie: „Die Ergebnisse zeigen, dass bereits dessen teilweise Erschließung einen signifikanten Beitrag zur Deckung der Wärmenachfrage und somit auch zur Dekarbonisierung des bayerischen Energiesystems leisten könnte.“
„Unsere Experteninterviews und die Potenzialanalyse zeigen, dass an Flüssen gelegene Kommunen hiermit eine heute technisch bereitstehende Option haben, sich dauerhaft mit regenerativer Wärme zu versorgen. Wer dafür schon technische Anlagen am Wasser nutzen kann, wie Stauhaltungen an Wasserkraftwerken, sollte sein Potenzial in der Wärmeplanung näher untersuchen“, sagte Joachim Ferstl von der FfE.
„Die Wasserkraft stellt gleichzeitig den nötigen Strom für den Betrieb einer Wärmepumpe ortsnah zur Verfügung“, sagte Josef Rampl für VWB und LVBW. Detlef Fischer, VBEW-Hauptgeschäftsführer betonte, mit dieser Art der Wärmegewinnung bekomme das hohe Tempo, die Ziele zur Klimaneutralität 2040 in Bayern zu erreichen, „eine weitere realistische Umsetzungsoption. Die Wärmewende ist möglich“.