Streit über Schwarz-Grün: Merz und Söder: Hey komm, wir zerlegen uns einfach selbst!

Geht’s noch? Vollkommen grundlos zerstreiten sich die Chefs der Union, Friedrich Merz und Markus Söder über die Option Schwarz-Grün. Das kann noch heiter werden mit den beiden.

Für die Union besteht dieser Tage eigentlich kein Grund, in größeren Aktionismus zu verfallen. Es würde wahrscheinlich nicht einmal auffallen, wenn es sich Merz und Co. bequem machten, die Beine hochlegten, zu salzigen Knabberartikeln griffen und sich von der untergehenden Bundesregierung unterhalten ließen. Das rot-grün-gelbe Bündnis arbeitet seit Monaten so gewissenhaft für seine Abwahl, dass ihre Gegner im Grunde nichts anderes tun müssten, als die Regierung ungestört weiterampeln zu lassen.

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Aber was machen CDU und CSU? Nichts dergleichen. Sie leisten sich in aller Öffentlichkeit einen abenteuerlichen Streit über die Frage, ob man denn mit den Grünen regieren sollte oder nicht. Das wäre alles halb so wild, wenn der Kampf irgendwo in den Niederungen der Partei schwelte, nur wird er ausgerechnet von den beiden Vorsitzenden selbst kultiviert: von Friedrich Merz und Markus Söder.

Söder hält die Grünen für politischen Sondermüll, Merz sieht in ihnen einen potentiellen Bündnispartner. Beim CSU-Chef klingt das so: „Wir als CSU, wir wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregierung, kein Schwarz-Grün!“ Bei Merz klingt es so: „Wir werden einen Teufel tun, uns alle Optionen zu verschließen und damit jeden Handlungsspielraum zu nehmen.“ Beide Sätze sind übrigens keine Archivfunde. Sie sind frisch eingetrudelt — von den Auftritten der beiden am politischen Aschermittwoch.

Die Union ist instabiler als sie auf den ersten Blick wirkt

Man könnte den Streit jetzt kleinreden, was soll’s, es gibt größere Probleme. Und ein bisschen Debatte tut CDU und CSU ganz gut; wer braucht schon eine lethargische Volkspartei. In Wahrheit legt der Konflikt offen, wie leicht sich die Union selbst aus dem Gleichgewicht bringen kann, und wie schnell ausgerechnet jene Männer aneinandergeraten, die unter sich bekanntlich noch etwas klären müssen: die Kanzlerkandidatur.

Beide versagen in diesem Streit. Söder glaubt, die Grünen seien im Land so unpopulär, dass automatisch zulegt, wer sie zum Feind erklärt. Es mag sein, dass Robert Habeck und seine Truppe einen Teil der Deutschen abschrecken. Aber auch Söder sollte nicht entgangen sein, dass die Grünen das Ampel-Desaster recht unbeschadet zu überstehen scheinen, wie gerade erst die Wahlwiederholung in Berlin zeigte. 

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Söders Kurs ist auch deshalb Unsinn, weil er die Union damit in jene Sackgasse manövriert, in der er selbst gerade steckt. Nur weil er vor der Bayern-Wahl ein Bündnis mit den Grünen kategorisch ausschloss, musste er wieder eine Koalition mit den Freien Wählern unter Hubert Aiwanger eingehen. Wie die läuft, lässt sich in Bayern jeden Tag beobachten.

Der Newsletter-Fehler des CDU-Chefs Merz

Und Merz? Hat recht, wenn er meint, der Union möglichst breiten strategischen Spielraum offen halten zu müssen. Warum er aber selbst die Debatte angezettelt hat, bleibt sein Geheimnis. Man kann das mal ausprobieren, man kann auch der CSU mal vermitteln, dass nicht sie die wichtigen Entscheidungen trifft, sondern die große Schwesterpartei. Nur sollte das vielleicht nicht auf völlig unvermittelte Art und Weise in einem Newsletter an die Mitglieder passieren.

Wer solche Fehler macht, muss sich nicht wundern, dass Markus Söder den Traum von der Kanzlerkandidatur noch immer nicht aufgegeben hat.

Im Spätsommer wollen die beiden über die Kanzlerkandidatur entscheiden. Das kann noch heiter werden. Wenn es schlecht läuft, legen die anderen bald die Beine hoch. Und lassen sich von der Union unterhalten – mit salzigem Knabberzeugs.

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