Ein Mann aus Baden-Württemberg soll Anleger in den USA in großem Stil um Bitcoin und Ether gebracht haben. Die Behörden in New York halten seine Krypto-Plattform für eine „internationale Multimillionen-Dollar-Betrugsmasche“ – und haben Anklage erhoben.
Ein 64-jähriger Krypto-Unternehmer aus Baden-Württemberg beschäftigt die Behörden in den USA: Horst J., der Chef des angeblich international tätigen Fintechs USI-Tech, soll Privatanleger in einem groß angelegten Krypto-Scam um insgesamt 94 Mio. US-Dollar gebracht haben. Das geht aus einer Anklage der US-Staatsanwaltschaft des Eastern District of New York hervor. J. und seine Anwälte äußerten sich auf Anfrage nicht dazu.
Das FBI hatte den Unternehmer bereits im Dezember 2023 festgesetzt, als dieser offenbar für einen geplanten Weihnachtsurlaub in Florida in die USA einreisen wollte. In Deutschland blieb der Fall zunächst unbeachtet.
Anklage wegen Betrugs
„Gegen Herrn J. (Name von der Redaktion gekürzt) wird derzeit Anklage in vier Punkten erhoben: Verschwörung zum Wertpapierbetrug, Wertpapierbetrug, Verschwörung zum Überweisungsbetrug und Verschwörung zur Geldwäsche“, teilte ein Sprecher der US-Staatsanwaltschaft des Eastern District of New York gegenüber Finance Forward und Capital zum aktuellen Stand des Verfahrens mit.
Der Unternehmer sei derzeit gegen eine Kaution von fünf Millionen US-Dollar auf freiem Fuß, dürfe New York City und Long Island aber nicht verlassen. Er verhandle mit der Regierung über einen Vergleich, so der Sprecher. Daher sei bislang auch noch kein Gerichtsprozess angesetzt.
Multilevel-Marketing mit „Bitcoin-Paketen“
Der Fall des Herrn J. führt zurück in das Jahr 2017, als in der Krypto-Szene noch Goldgräberstimmung herrschte: Der Wert des Bitcoins hatte sich damals innerhalb eines Jahres mehr als verzwanzigfacht; immer neue Geschichten von jungen Nerds, die quasi über Nacht zu Millionären wurden, heizten die Kursexplosion weiter an.
J. soll in dieser Zeit mit seiner Firma USI-Tech (kurz für „United Software Intelligence“) aggressiv für neue Investmentmöglichkeiten in Kryptowährungen geworben haben, deren Erträge selbst „die erfahrensten Händler neidisch“ machen würden. Die Werbetrommel rührte er demnach vor allem im Internet sowie bei verschiedenen Auftritten in Las Vegas und Pennsylvania.
STERN PAID 51_23 OneCoin-Prozess 20.20
Laut der Anklage versprach USI-Tech ein passives Einkommen mit einer garantierten Rendite von 140 Prozent innerhalb von rund sieben Monaten. Anleger sollten der Firma dafür Bitcoins im Wert von je 50 Euro für sogenannte „BTC Pakete“ anvertrauen, die sie dann auf wundersame Weise dank nicht näher beschriebener Mining-Technologie und automatisierter Trading-Software vermehren würde. Zudem lockte das Unternehmen offenbar mit Prämien für die Anwerbung weiterer Investoren – eine typische Masche bei Mulitlevel-Marketing-Pyramiden.
Später soll USI-Tech eine ähnliche Strategie noch einmal mit dem angeblichen ICO eines eigenen „Tech Token“ wiederholt haben.
„Internationale Multimillionen-Dollar-Betrugsmasche“
Laut der US-Staatsanwaltschaft des Eastern District of New York sammelte J. auf diese Weise rund 1800 Bitcoins und 28.600 Ether bei Investoren ein, die zum Zeitpunkt der Anklage etwa 94 Mio. US-Dollar wert gewesen sein sollen. Als die US-Behörden ihm auf die Schliche kamen, soll er die Coins bis Anfang 2018 schrittweise aus den Wallets von USI-Tech auf sein eigenes überwiesen haben und untergetaucht sein.
„In Wirklichkeit war die Plattform nur eine Fassade, und als Fragen aufkamen, stahl (J.) das Geld seiner Investoren in Millionenhöhe und floh aus dem Land“, erklärte der stellvertretende FBI-Direktor für New York, James Smith, in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der US-Staatsanwaltschaft dazu.
Die Behörden beschreiben das Vorgehen von J. in eben jener Meldung als „internationale Multimillionen-Dollar-Betrugsmasche“. Zur Anzahl und Herkunft der mutmaßlichen Opfer machte die US-Staatsanwaltschaft auf Anfrage dieser Redaktion jedoch keine Angaben.
J. und seine Anwälte ließen eine Bitte um Stellungnahme zu der Anklage inhaltlich unbeantwortet. Bis zu einer eventuellen Verurteilung gilt für den 64-jährigen Krypto-Unternehmer die Unschuldsvermutung.
Dieser Text erschien zuerst bei Finance Forward, dem Magazin für die neue Finanzwelt, das in Kooperation zwischen Capital und OMR entsteht.