„Ich liebe Dich.“ Ja ja. Aber geht’s vielleicht etwas weniger erwartbar? Die Popkultur hat dafür über die Jahrzehnte ein paar gute Vorschläge entwickelt. Hier sind sie.
„Die Liebe ist eine Schnulze und macht die Dinge schlicht“, hat der im Jahre 2016 verstorbene Publizist Roger Willemsen einmal gesagt. Er meinte: Wir werden nicht unbedingt eloquenter, wenn unser Herz eingenommen ist von einem anderen Menschen. Wir haben dann genug damit zutun, uns zu sehnen, zu hinterfragen, Herzchen zu malen auf den inneren Notizblock.
Willemsen hatte als Beleg dafür DJ Ötzis „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ angeführt. Der Song beruhe vermutlich auf einem wahrhaften Moment. Er mutmaßte: Eines Morgens lag der Sänger in einem Bett, blickte in ein von blondem Haar halb verdecktes Gesicht und war von der Schönheit dieses Augenblicks derart hingerissen, dass er, um sie zu beschreiben, nicht weniger als das Universum und seine Himmelskörper bemühen musste. Willemsen, trocken: „Das ist, vom Sound mal abgesehen, absolut richtig.“Liebesbrief-Generator neu
In der Liebe gibt es keinen Preis für Originalität. Trotzdem: Bisschen Mühe geben ist ja immer gut. Die Kultur-Redaktion des stern hat sich zum Valentinstag deshalb auf die Suche nach anderen, vielleicht ein klein wenig hübscheren Liebesbekundungen aus Musik, Film und Literatur gemacht. Wem also heute die eigenen Worte fehlen, der darf sich diese Gedanken, Szenen und Zitaten gern borgen. Und wem es ganz besonders miserabel geht, weil sein Herz vorübergehend in die falsche Richtung abgebogen ist: Ganz am Ende gibt es den Soundtrack für überstandenen Liebeskummer. Und er wird’s sein, eines Tages, versprochen.
Ewan McGregor Satine (Nicole Kidman), die Startänzerin im Moulin Rouge, verliebt sich in den jungen Poeten Christian (Ewan McGregor), der nach Paris kommt, um Schriftsteller zu werden.
© John Huston
„The greatest thing you’ll ever learn, is just to love and be loved in return.“
Die meisten denken, das stammt im Original aus dem Musicalfilm „Moulin Rouge“ von Baz Luhrmann, in dem sich Ewan McGregor und Nicole Kidman kopfüber in eine heimliche Affäre werfen. Tatsächlich ist es die letzte Zeile aus einem homo-erotischen Song von Nat King Cole: „Nature Boy“ von 1948. Wie wahr diese Zeilen sind. (Und sie reimen sich, laut Pumuckl also automatisch gut). Sich verlieben und lieben kann jeder – das passiert öfter im Leben. Aber wenn das Gegenüber dann noch das Gleiche empfindet: Kernschmelze.
Matthias Schmidt
„Wir sind’s, die anderen sind es nicht.“
… steht in einem älteren Buch des Journalisten und Autors Moritz von Uslar. Mir hat der Gegensatz darin immer gut gefallen: Die Leichtigkeit des Apostroph-S gegen das explizite, in jeder Hinsicht einsilbige „sind es nicht“. Zumindest in der Logik monogamer Beziehungen ist dieser Aspekt ja wichtig: Exklusivität. Abgrenzung. Man liebt nach Möglichkeit eine ganze Menge andere Menschen nicht. Stattdessen bildet man zusammen mit der Zeit eine Subkultur, entwickelt eigene Codes, Wörter, Rituale. An guten Tagen schwingt das Wir so beiläufig wie der Apostroph. Man ist’s.
Lena Steeg
„Ich lieb dich mehr als Geld, ich lieb dich mehr als mein Auto„
Schon als Jugendliche war ich Fan von Liedermacher Funny van Dannen und seinen schrulligen Lebensweisheiten, in denen heruntergebrochen nichts anderes steckt als die Aufforderung, dem Leben mit Humor zu begegnen. Am besten, man nimmt das alles nicht so ernst – auch die Liebe nicht. Einer meiner Lieblingssongs stammt aus dem 2000er-Album „Melody Star“. Er heißt „Mehr als Geld“. Hier ein Auszug:
Gib mir einen Tipp, wie werde ich bis morgen glücklich?
Jemand hat mich mitten in der Nacht geweckt
Ich weiß nicht was das soll, ich muss hier raus, ich muss hier weg
Ich glaube, Gott hat mein Fahrrad versteckt
Ich lieb dich mehr als Geld, ich lieb dich mehr als mein Auto
Ich lieb dich mehr als alles auf der Welt
Du kannst auf mich zählen, eins, zwei, drei
Das Leben geht so schnell vorbei
Jana Felgenhauer
„And in the end the love you take is equal to the love you make
Es klingt wie ein Naturgesetz, was Paul McCartney in „The End“ singt: Unterm Strich kommt bei großen Gefühlen alles ins Gleichgewicht. Keine Ahnung, ob das stimmt. Aber ich mag den Gedanken. Er hat etwas Tröstliches. Und er befreit uns aus der Opferrolle. Wir sind am Boden, weil wir uns nicht geliebt fühlen? Eine höhere Macht wird das schon regeln. Am Ende ist die Liebe, die wir bekommen, gleich der Liebe, die wir geben. Wir haben es also selbst in der Hand, wie sehr wir geliebt werden. Damit kann man doch arbeiten!
Gunnar Herbst
„I may not always love you / But long as there are stars above you / You never need to doubt it / I’ll make you so sure about it / God only knows what I’d be without you „
In diesen Liedzeilen der Beach Boys steckt alles drin. Das Menschliche: „Vielleicht werde ich Dich nicht immer lieben … „. Das Absolute: „… doch so lange die Sterne über Dir stehen … „. Das Vertrauen: „… brauchst Du niemals daran zu zweifeln“. Das Teilen: „Ich werde es Dich immer fühlen lassen … „. Das Geschenk: „… allein Gott weiß, was ich wäre ohne Dich. „
Oliver vom Hofe
„Good Will Hunting“ mit Robin Williams und Matt Damon
„Ich muss mich um ein Mädchen kümmern.“
Er habe einst ein wichtiges Baseballspiel verpasst, erzählt Robin Williams Matt Damon in „Good Will Hunting“ (1997), weil er sich „um ein Mädchen“ kümmern musste. Damon folgt mit diesem Satz, „Ich muss mich um ein Mädchen kümmern“, später seinerseits der Liebe. Für das Mädchen wird gelitten, gekämpft, sich geprügelt. Häufig wird das Mädchen verloren, wie in Fayzens Song „Paradies“. Frauen haben’s schwerer, einen guten Namen für ihre Liebe zu finden. „Mein Junge“ klingt nach Spielplatzgespräch oder hanseatischer Schulterklopfrhetorik. „Mein Mann“ wiederum bezeichnet kein Gefühl, sondern immer gleich einen Zustand. Es glotzen einem dann alle auf Ringfinger und Bauch. Frauen werden in der Liebe zur Definition gezwungen. Männer haben’s leicht. Jede Frau will das Mädchen sein.
Lena Steeg
„So regen wir die Ruder, stemmen uns gegen den Strom
und treiben doch stetig zurück, dem Vergangenen zu.“
Hach, der letzte Satz von F. Scott Fitzgeralds „Der große Gatsby“, so schön, so traurig, aber auch tröstend. Natürlich kann man die Vergangenheit nicht wiederholen, doch man kann sich an die wunderbaren Momente erinnern. Vielleicht auch an die schmerzhaften. Aber, Learning aus eigener Erfahrung: bitte nicht darin verlieren, sonst wird auf der Gegenwart immer ein Schatten liegen. Klingt so einfach, ich weiß…
Bernd Teichmann
„Don’t forget: I’m also just a girl, standing in front of a boy, asking him to love her”
Eines der schönsten Zitate aus einem Julia Roberts-Film: „Vergiss nicht: Ich bin auch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet, es zu lieben.“ In der Liebe sind am Ende alle gleich unsicher und verletzlich, egal wie wichtig, schön oder berühmt sie sein mögen. So wie Julia Roberts in ihrer Rolle der Schauspielerin Anna Scott, die sich in „Notting Hill“ in einen unbedeutenden Buchhändler verliebt und ihm ihre Liebe gesteht. Ein Film, den man nicht oft genug sehen kann. Finden wohl auch die zahlreichen Touristen, die täglich in die bekannt gewordene Buchhandlung nach Notting Hill strömen.
Amelie Graen
„Honey, I want you“
Wie immer bei Bob Dylan weiß man nicht ganz genau, wen er damit meinte, es ist eher eine surrealistische Collage aus Liebeserklärungen, aber egal, kürzer und ehrlicher kann man es kaum sagen. Wunderbarer Song, erschienen 1966.
Jochen Siemens
„Die Liebe ist eine wunderbare Verblendung, aber sie lässt nach. Die Sehnsucht stirbt an der Schwelle der Erfüllung. Und wer keine Sehnsucht mehr hat, verliert seine Kreativität. Darum ist mir eine endgültige Bindung unheimlich.“
Obwohl Udo Jürgens in seinen Liedern immer wieder magisch die eine große Liebe beschwor, hielt im wirklichen Leben keine seiner Beziehungen lange. Als Romantiker weiß Jürgens, dass die Sehnsucht nach dem, was sein könnte, oft viel größer ist als das, was eine Liebesbeziehung am Ende tatsächlich zu bieten hat. Hätte ich das schon als Jugendlicher gewusst, als ich viel zu oft und viel zu oft unglücklich verliebt war, dann wäre mir manches erspart geblieben – vor allem diese verkorkste Beziehung mit M.K., einem Mädchen aus meiner Nachbarschaft.
Hannes Roß
„Welche Stadt gefiel Eurer Hoheit am besten in Europa?“
„Jede auf ihre Art war wunderbar. Es wäre schwer zu sag… Rom! Rom war unbeschreiblich schön! Ich werde diesen Besuch hier niemals vergessen – solange ich lebe.“
Es hilft nichts, „Ein Herz und eine Krone“ ungefähr siebenhundertfünfmal gesehen, beim siebenhundertsechsten Mal werde ich wieder anfangen zu heulen, wenn Prinzessin Audrey Hepburn das Protokoll über Bord wirft und „Es wäre schwer zu sag… Rom!“ sagt. Wenig später verlässt Reporter Gregory Peck den Saal, mutterseelenallein, ohnmächtig, weil er grad die Liebe seines Lebens aufgeben musste. Ich komme bis heute nicht darüber hinweg. Spätestens beim siebenhunderzwölften Mal werden sie sich aber kriegen. Garantiert.
Bernd Teichmann
„You might be an island on the distant horizon. But the little I see, looks like heaven to me. And I don’t care if the ocean gets rough. Just a little is enough”
… singt Pete Townshend. Genau so ist es doch, oder? Egal, ob wir uns schon lange lieben oder uns gerade erst über den Weg gelaufen sind. Du bist du, ich bin ich, wir kennen uns nicht wirklich. Aber wir ahnen, fühlen, wissen ganz sicher, dass wir uns glücklich machen. Glücklich machen können. Also lass es uns wagen, trotz aller Fallstricke und Verletzungen. Wenn Liebe tatsächlich unendlich ist, dann reicht ein bisschen.
Gunnar Herbst
„You got a fast car, I got a plan to get us out of here.”
Tracy Chapman weiß: Die beste Zeit einer neuen Liebe ist die, in der man wilde Pläne macht dann und einfach drauflosfährt. Mit dem Auto nach New York, ein neues Leben anfangen! Manchmal holt einen der Alltag ein, so wie in „Fast Car“. Vielleicht muss man dann einfach wieder einsteigen. Ein schnelles Auto habe sie nie gehabt, sagte Chapman mal. Aber bestimmt kennt sie – die eine heimliche Affäre mit Schriftstellerin Alice Walker hatte – das Gefühl, durchbrennen zu wollen.
Thembi Wolf
„Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe.“
Ich war 17 und unsterblich verliebt in einen Typen, mit dem ich damals auch zusammen war. Aber ich spürte, dass etwas nicht stimmte, dass er nicht das Gleiche für mich empfand wie ich für ihn. Natürlich wollte ich es nicht wahrhaben, ließ den Gedanken auch nicht zu. Doch dann lasen wir in der Schule „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller und plötzlich stand er da, der Satz, der meine Angst auf den Punkt brachte: „Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe“. Der Typ verließ mich damals, aber Schiller, der alte Liebes-Experte, blieb mir treu. Er brachte mir bei, dass man die ganz großen Gefühle eben nicht erzwingen kann.
Cathrin Wißmann
„If I loved you less, I would be able to talk about it more”
Wer eine Person liebt, muss das heute immer und überall beweisen: mit Pärchenfotos samt Liebesbekundungen auf Instagram, mit dem eintätowierten Geburtstags- oder Hochzeitsdatum, im schlimmsten Fall mit dem Namen des anderen als Kette um den Hals. Im Roman „Emma“ von der Königin des klugen Kitsches, Jane Austen, sagt Mr. Knightley Folgendes zu Emma: „If I loved you less, I might be able to talk about it more.” „Wenn ich dich weniger liebte, könnte ich vielleicht mehr darüber sprechen.“ Wie elegant er das bisher Nicht-Gesagte damit in Worte gefasst hat. Vielleicht auch eine kleine Inspiration für das ein oder andere #happycouple auf Instagram.
Amelie Graen
„I’ll be your mirror“
Lou Reed, der Songschreiber der Velvet Underground, konnte so ein Arschloch sein. Ich fragte ihn mal, da war er Mitte 50, wo er seine Energie hernimmt, ohne all die Drogen und die ignorante Power der Jugend. Er orderte den anwesenden Kameramann, ganz nah an mein Gesicht heranzufahren. Dann legte er los: „Du junges mutterfickendes Stück Scheiße, du erbärmliche Verschwendung von Ei und Spermium, Du Sohn einer widerlichen Schlampe …“ Zwei Minuten ging das so. Irgendwas muss ihn an meiner Frage gestört haben. Geschenkt, dafür hat er die zartesten, hingebungsvollsten Lovesongs aller Zeiten geschrieben. „I’ll be your mirror“ ist ein einziges, monumentales Liebesversprechen: Ich werde dein Spiegel sein, zeigen, wer du bist, falls du es mal nicht weißt. Ich werde der Wind sein, der Regen, der Sonnenuntergang, das Licht an deiner Tür, das zeigt, dass Du zuhause bist … “ Seufz. Was will man weniger?
Oliver vom Hofe
„I’m still standing“ – Elton John auf der Bühne
© Joe Giddens
„I’m still standing“
Hilfreicher Soundtrack von Elton John für den ersten Tag, an dem man nach einem Liebeskummertsunami wieder das Haus verlässt. Frisur und Herz noch zerzaust, leicht wackelig auf den Beinen. Aber man steht. Und nach Stehen, das weiß jedes Kleinkind, kommt der erste Schritt. Der geht nach vorn.
Lena Steeg