Donald Trump würde Nato-Mitglieder, die nicht genug zahlen, nicht unterstützen, sagte der Republikaner. Europäer und Mitglieder des Militärbündnisses sind empört. Manch einer reagiert aber gelassen.
Ex-US-Präsident Donald Trump hat mit der Drohung, missliebigen Ländern den Schutz vor einem russischen Angriff zu entziehen, Kritik und die Forderung nach mehr Militärausgaben ausgelöst. „Die Nato kann kein Militärbündnis ‚a la carte‘ sein, das von der Laune des US-Präsidenten abhängt“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel. Kanzler Olaf Scholz zeigte sich wenig beunruhigt: „Ich bin mir sicher, dass die Nato für die USA, für Kanada, für die europäischen Länder essenziell ist.“ Dies würden auch die Amerikaner so sehen.
Die Bundesregierung verwies zudem darauf, dass Deutschland das Nato-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, bereits erfülle und sich deshalb nicht angesprochen fühle. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas und ihre dänische Kollegin Mette Frederiksen sprachen dagegen von einem Weckruf an die Europäer, mehr Geld in die Rüstung zu stecken.
Donald Trump stellt Nato-Schutz in Frage
Der 77-jährige Trump, der im November bei den US-Präsidentschaftswahlen erneut antreten will, hatte auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt, dass er Nato-Verbündete nicht vor einer russischen Invasion schützen würde, die nicht genug für ihre eigene Verteidigung ausgeben. Trump hatte europäischen Verbündeten bereits während seiner ersten Amtszeit mit dem Entzug des US-Schutzes gedroht.Kommentar Trump Nato16:17
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Äußerungen von Ex-US-Präsident Donald Trump scharf zurückgewiesen, im Falle einer Wiederwahl säumige Nato-Bündnispartner nicht verteidigen zu wollen. „Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der Nato ist unverantwortlich und gefährlich“, sagte Scholz am Montagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Berlin. Derartige Äußerungen seien „einzig und allein im Sinne Russlands“, kritisierte Scholz.
Insgesamt reagierte die Bundesregierung aber gelassen: „Wir sind dem Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet und entschlossen, das weiter einzuhalten“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Nato-Länder hatten sich darauf verständigt, bis 2024 die Ausgaben für Verteidigung auf zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zu steigern. Die Bundesregierung will dieses Ziel auch dank des 100-Milliarden-Euro-Sonderkredits für die Bundeswehr erreichen. Finanzminister Christian Lindner hatte zudem versichert, dass dies auch über das Jahr 2028 hinaus so bleiben werde, wenn das Geld aus dem Sondertopf ausgegeben sein wird. „Ich bin davon überzeugt, dass die transatlantische Partnerschaft im überragenden Interesse ist – egal, wer im Weißen Haus regiert.“
Lindner: Deutschland muss seine Hausaufgaben machen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Ankündigung von Ex-US-Präsident Donald Trump scharf kritisiert, im Falle einer Wiederwahl säumige Nato-Bündnispartner nicht zu verteidigen. „Diese Äußerungen sind verantwortungslos und spielen sogar Russland in die Hände“, sagte Steinmeier am Montag bei einem Besuch in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. „Daran kann niemand in unserem Bündnis ein Interesse haben.“
Steinmeier äußerte sich zu Trumps Äußerungen nach einem Treffen mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides. Das deutsche Staatsoberhaupt sagte dabei, auch wenn im Wahlkampf manches provokativ sei, heiße dies nicht, „dass wir es nicht ernst nehmen“. Es sei klar, dass die Europäer ihre Verteidigungsanstrengungen erhöhen müssten – ganz gleich, ob der amtierende US-Präsident Joe Biden oder Trump wiedergewählt würden. Er rief die Europäer aber auch dazu auf, „dass wir nicht so tun sollten, als sei die Wahl schon entschieden in den USA„.
Deutschland muss seine Hausaufgaben zur Stärkung des Standorts und seiner eigenen Verteidigungsfähigkeit machen. Das sagte FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner am Montag bei einem Besuch in London. „Ich bin davon überzeugt, dass die transatlantische Partnerschaft im überragenden Interesse ist – egal, wer im Weißen Haus regiert.“ Mache Deutschland seine Hausaufgaben, sei es auch als Partner interessant für die USA. Gleiches gelte für Europa.PAID Interview Nato-Gipfel General McCaffrey.6.45
Lindner war zuletzt mit Aussagen aufgefallen, der Standort Deutschland sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Zwar habe er in seinen Gesprächen in London mit Unternehmen und Finanzinstituten nicht den Eindruck bekommen, dass Deutschland der „kranke Mann“ in Europa sei, aber schon sichtbar an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt habe. Lindner verwies auf die hohen Energiepreise und Steuern in Deutschland sowie zu viel Bürokratie.
Mahnung aus Polen und Estland
„Es gibt keine Alternative zur EU, zur Nato, zur transatlantischen Zusammenarbeit“, sagte Polens Ministerpräsident Donald Tusk in Paris. Europa müsse ein sicherer Kontinent werden und bereit sein, die eigenen Grenzen zu verteidigen. „Ich denke, was der amerikanische Präsidentschaftskandidat gesagt hat, ist auch etwas, um vielleicht einige der Verbündeten aufzuwecken, die nicht so viel getan haben“, betonte die estnische Regierungschefin Kaja Kallas. „Egal, was in den USA passieren wird dieses Jahr: Ich denke, die Entscheidung muss bereits jetzt getroffen werden, dass Europa stärker wird“, sagte die Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei dem Rheinmetall-Termin.
Auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, forderte die Europäer auf, mehr Geld für ihre Sicherheit auszugeben. Es sei schwer, Amerikanern zu erklären, warum sie viel mehr für Verteidigung ausgeben würden als die Europäer. Es sei legitim, wenn die USA erwarteten, dass ihre Verbündeten ihre Hausaufgaben machten. „Wir werden diese Handlungsfähigkeit ausbauen müssen, (…) unabhängig davon, wie die Wahlen in den USA ausgehen“, sagte Grünen-Co-Chef Omid Nouripour.
Der Sieger der finnischen Präsidentschaftswahl, Alexander Stubb gab sich entspannt. „Der Wahlkampf in den USA unterscheidet sich sehr von dem in Finnland, und die Rhetorik ist wesentlich schärfer“, sagte er. „Ich denke, in dieser Phase ist es am besten, ruhig zu bleiben und sich auf den Ausbau unserer Nato-Mitgliedschaft zu konzentrieren.“