Religion und Politik: Von der Kanzel zum Ketzer: Pfarrer verliert Stelle wegen AfD-Kandidatur

Konflikt von Religion und Politik: Ein Pfarrer aus Sachsen-Anhalt verliert seine Pfarrstelle, weil er für die AfD kandidieren wollte. Für die evangelische Kirche war dies ein klarer Wertekonflikt.

Weil er als parteiloser Kandidat für die AfD bei den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt antreten will, ist einem Pfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) der Pfarrbereich entzogen worden. Die Kandidatur eines Pfarrers für die AfD sei auch als Parteiloser nicht mit der Treue- und Loyalitätspflicht vereinbar, teilte die EKM am Montag mit. „Es ist zwar im Interesse der Kirche, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer auch politisch engagieren, dies gilt jedoch nicht für das Engagement in Parteien, die verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen einnehmen“, sagte Personaldezernent Michael Lehmann. Mit der Kandidatur unterstütze Pfarrer Martin Michaelis das Gedankengut der AfD.  

STERN PAID 13_24 Ingo SchulzeMichaelis kritisierte die Kirchenleitung scharf. Diese bewege sich außerhalb des Rechts, sagte er auf Anfrage. Es gebe keine stichhaltige theologische Begründung für die Entscheidung. Es handele sich um freie Wahlen, die Kandidatur dürfe ihm nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Gespräche dürften auch mit der AfD nicht verweigert werden. Dass der Verfassungsschutz die Partei in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstuft, halte er für ein durchsichtiges Manöver. Politisch gehe es ihm in Quedlinburg vor allem um Fragen des Denkmalschutzes. 

Pfarrer Michaelis schon länger in der Kritik

Michaelis war in der Corona-Pandemie öffentlich in Erscheinung getreten und in die Kritik geraten. Er trat auch immer wieder bei regierungskritischen Demonstrationen auf, bei denen die Corona-Maßnahmen kritisiert wurden. Erst im November vergangenen Jahres war Michaelis mit den Aufgaben im Pfarrbereich Gatersleben (Salzlandkreis) betraut worden. Bei der Stadtratswahl in seinem Wohnort Quedlinburg im Juni dieses Jahres tritt Michaelis auf der Liste der AfD für den Stadtrat an.FS Chronik AfD 17.34

Die Evangelische Kirche will nach eigenen Angaben demnächst das Gespräch mit dem Pfarrer suchen. Michaelis bleibe grundsätzlich Pfarrer der Kirche, erklärte Personaldezernent Lehmann. Er habe derzeit nur keine Stelle. Da Pfarrer aber in den Gemeinden in der Regel gewählt werden müssten, könne es schwierig werden, einen Ort zu finden, an dem Michaelis wieder ein Pfarramt ausüben könne.

„AfD tritt christliches Menschenbild mit Füßen“

Erst vor wenigen Tagen hatte die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) vor der AfD gewarnt. „Wer die AfD wählt, unterstützt eine Partei, die das christliche Menschenbild mit Füßen tritt, programmatisch mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen das Gebot der Nächstenliebe verstößt und mit ihren Hetzparolen den Geist der Gemeinschaft vergiftet“, hieß es in einer Erklärung.

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