Prinzessin Kates Diagnose: Krebs bei Jüngeren: Das Risiko ist niemals null

Wir verbinden die gefürchtete Erkrankung mit hohem Alter, schädlichen Stoffen oder riskantem Verhalten. Doch leider kann sie ohne erkennbaren Auslöser auftreten – und jeden treffen.

Viel ist in den vergangenen Tagen, auch schon vor der Veröffentlichung ihres so persönlichen Videos, zum Umgang von Massenmedien und des Netzes mit den privatesten Angelegenheiten der Prinzessin von Wales kritisch angemerkt worden. Zu Recht, wie ich finde. Und meine Kollegin Cornelia Fuchs hat in ihrer aktuellen Analyse unterstrichen, was gelten sollte: „Wir alle, die wir uns von diesem Pomp einfach nur unterhalten lassen, wir dürfen nicht verlangen, dass uns diese Frau, diese Familie, ihre Seele offenlegt.“ Und gewiss auch nicht ihre Krankenakten.

Prinzessin Kate hat sich trotzdem jetzt entschlossen, mit der Weltöffentlichkeit das Wissen um ihre Krebserkrankung zu teilen. Und sogar bekannt gegeben, dass sie eine präventive Chemotherapie bekommt. Eine solche Behandlung kann das Risiko eines möglichen Fortschreitens der Krankheit signifikant senken. Sie macht aber auch deutlich: Dieses Risiko ist real. Wenn nun eine Patientin so offen zu uns allen über eine so dramatische Tatsache spricht, sich dabei aber entscheidet, genauere Details nicht zu nennen, gibt es Fragen, die sich verbieten. Dazu gehören vor allem Spekulationen über die genaue Art des Tumors sowie auf Raten und Schätzen gestützte Prognosen im Social-Media-Hausmacherstyle.

Die Zahl der Tumordiagnosen steigt zwischen 40 und 49 Jahren an

Entscheidend für das Verständnis der erschütternden Nachricht ist aber ihre Einordnung in die Statistik der Krebserkrankungen. Jeder empathische Mensch will spontan begreifen, wie ein so heimtückisches Leiden, welches doch subjektiv (und mit einigem Recht) mit einem höherem Lebensalter assoziiert wird, eine junge Frau und Mutter von 42 Jahren treffen kann. Vielleicht erklärt dieses menschlich verständliche Erschrecken auch, warum die Reaktionen auf die kürzlich bekannt gewordene Diagnose von König Charles – wiewohl ebenfalls von Anteilnahme geprägt – in Sachen Betroffenheit merklich anders ausfielen als die jetzigen.

Tatsächlich beginnt im fünften Lebensjahrzehnt, im Alter von 40-49 Jahren, die Häufigkeitskurve von Tumordiagnosen deutlich schneller anzusteigen als zuvor. Dies ist in der offiziellen britischen Statistik deutlich zu erkennen, in Deutschland ist es ebenso. Erst mit Mitte 50 überholt dann die Zahl neu an Krebs erkrankter Männer die der Frauen. Dies ist überwiegend auf Brustkrebs als häufigster Krebserkrankung der Frau zurückzuführen. Dessen Anstieg setzt früher ein als bei den meisten anderen häufigen Krebserkrankungen. Das Spektrum der Tumorarten verändert sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt fließend, wobei Brustkrebs bei Frauen über 30 Jahren stets die häufigste bleibt. Bei Älteren nehmen etwa Darm- und Lungenkrebs deutlich zu, jedoch kann praktisch ein jedes Gewebe des Menschen von Krebs befallen werden.

Krebs bei Jüngeren Statistik

Tumorbildung durch jüngeres Alter nicht völlig ausgeschlossen

Aus der klaren Altersverteilung der Tumorerkrankungen darf man nicht schließen, dass es Menschen oder Altersgruppen ganz ohne Krebsrisiko gäbe. Es beträgt niemals null, ist noch dazu individuell verschieden – und nimmt bei jeder und jedem von uns über die Lebenszeit immer weiter zu. Das liegt daran, dass jeder Krebs eine Krankheit des Genoms ist, also auf Schädigungen des Erbguts von Zellen zurückgeht, die im Großen und Ganzen zwei Gründe haben kann:

Zum einen ererbte Risikogene, die oft zu einer frühen Tumorentstehung führen und sich meist durch eine Häufung von Fällen in Familien bemerkbar machen. Die bekanntesten dieser Gene sind die BRCA-Varianten beim Brustkrebs, deren Trägerinnen Anspruch auf eine engmaschigere Früherkennung haben.Zum anderen entstehen Schädigungen des Erbguts oft völlig spontan, also ohne äußere Ursache. Sie häufen sich über lange Jahre an. Hinzu treten schädigende Einflüsse. Bekannteste Beispiele sind ultraviolette Strahlung beim Hautkrebs und Tabakrauch an Lungenkrebs. Typisch für sie ist, dass zwischen Ursache und Wirkung oft sehr viele Jahre liegen – das riskante Verhalten begann in jungen Jahren, der Krebs bricht erst im Rentenalter aus. Das ist der Fall, den wir meist für den normalen halten.

Es ist aber ein Fehlschluss, anzunehmen, dass auch eine frühere Tumorbildung dadurch, dass man gesund lebt, jünger ist und Torheiten vermeidet, völlig auszuschließen wäre. Das ist sie nicht, nur eben seltener – und zumeist in keiner Weise auf ein bestimmtes individuelles Verhalten zurückzuführen. Dass die eigentlich robusten, dabei aber eben auch fragilen Erbinformationen in unseren Billionen Körperzellen Schaden nehmen können, mit sehr weitreichenden Konsequenzen, ist ein Schicksal, das wir mit allen vielzelligen Lebewesen teilen.

Und mit Menschen aller Schichten. Ob König, Prinzessin oder Normalbürger wie Du und Ich, es kann tatsächlich jeden treffen – und erst moderne Medizin für alle hat bewirkt, dass bei einer Vielzahl von Tumorkrankheiten heute Heilung oder jahrelange Linderung erreicht werden können.

Kate Krebs Palast 9.54

Die weltberühmte Patientin hat eine optimistische Prognose für sich selbst mit uns geteilt; dabei aber wie gesagt eben nicht verschwiegen, dass sie sich, wie derzeit viele Tausende von Betroffenen, einer präventiven Chemotherapie unterzieht. Diese hat die Aufgabe, im Körper verbliebene Tumorzellen unschädlich zu machen und eine Wiederkehr des unkontrollierten Wachstums zu vereiteln. Wiewohl belastend, kann eine solche Behandlung heute, und in jüngeren Jahren besonders, gut vertragen werden. Sie attackiert das Zellgerüst oder direkt das Erbgut speziell der entarteten Zellen, die womöglich nach einer Operation zurückgeblieben sind. Und so belastend der ständige Sog der Öffentlichkeit und unserer kollektiven Neugier mit Sicherheit sind, ist eines jetzt ganz gewiss tröstlich: Viele Millionen Menschen wünschen der Prinzessin von Wales ehrlichen Herzens eine baldige und vollständige Genesung.

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