„Hara hachi bu“: Die japanische 80-Prozent-Regel ist der Schlüssel zu einem längeren Leben

Auf Okinawa in Japan leben besonders viele 100-Jährige. Der Schlüssel zu einem langen Leben dort ist nicht, was die Einwohner essen – sondern wie. Das Prinzip heißt „Hara hachi bu“.

Ein langes Leben führen bei guter Gesundheit – das ist der Traum vieler Menschen. Doch in einigen Regionen der Welt geht er häufiger in Erfüllung als in anderen. So leben in der Provinz Ogliastra auf Sardinien ungewöhnlich viele 100-jährige Menschen, ebenso auf der griechischen Insel Ikaria, der Nicoya-Halbinsel in Costa Rica, der Stadt Loma Linda im US-Bundesstaat Kalifornien und die Insel Okinawa in Japan. Diese fünf Regionen gehören zu den sogenannten „Blauen Zonen“.

Mit diesem Begriff werden die Regionen der Welt bezeichnet, in denen Menschen viel länger als der Durchschnitt leben. Zurück geht der Begriff auf den amerikanischen Bestsellerautor Dan Buettner: Erstmalig thematisierte er sie im Magazin „National Geographic“ in der Titelgeschichte „The Secrets of a Long Life“. Buettner hat alle Regionen selbst besucht, um sich ein eigenes Bild von den „Hundertjährigen“ und deren Lebensweise zu machen.

Sehen Sie im Video: „Geregelter Verkehr, stilles Örtchen und Magenknurren – Wie Regeln und Scham die japanische Kultur bestimmen.“

Das Prinzip „Hara hachi bu“

Eine Beobachtung machte er auf Okinawa in Japan. Hier kommen auf 100.000 Einwohner mehr als 60 100-Jährige – also im Verhältnis dreimal mehr als in den USA. Woran liegt das? Buettner glaubt, so schreibt er es in einem Gastbeitrag für „CNBC„, dass es an der Ernährungsweise der Japaner*innen liegt.

Eines der wichtigsten Prinzipien dort sei das „Hara hachi bu“. Dahinter verbirgt sich die konfuzianische Regel, nur so viel zu essen, bis der Magen zu 80 Prozent gefüllt sei – und nicht wie in weiten Teilen der Welt, bis man vollständig satt ist. Auf diese Weise wird die Kalorienzufuhr beschränkt, die Buettner zufolge auf Okinawa bei etwa 1800 bis 1900 Kilokalorien pro Tag liegt.PAID STERN 2020_03 Lust auf lecker_18.40

Übergewicht führt zu Krankheiten

Um das „Hara hachi bu“ anwenden zu können, muss man zunächst verstehen, wie das Sättigungsgefühl des menschlichen Körpers funktioniert. Die Wissenschaft geht davon aus, dass der Körper erst nach etwa 15 bis 20 Minuten registriert, ob der Magen sein Fassungsvermögen erreicht hat. Das bedeutet im Umkehrschluss: Je langsamer man isst, desto eher registriert man den Punkt, an dem der Körper satt ist.

Studien zeigen immer wieder: In vielen westlichen Ländern nehmen die Menschen im Durchschnitt mehr Kalorien zu sich, als sie benötigen. Das führt auf Dauer zu Übergewicht und ernsthaften gesundheitlichen Problemen wie Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Knie- oder Hüftarthrose oder Unfruchtbarkeit bei Männern.

Dr. Brian Wansink, Autor des Ernährungs-Bestsellers „Mindless Eating“, sagt gegenüber „CNBC„: Es gibt eine signifikante Kalorienlücke zwischen dem Zeitpunkt, an dem ein Amerikaner sagt: ‚Ich bin satt‘, und dem Zeitpunkt, an dem ein Okinawaner sagt: ‚Ich bin nicht mehr hungrig‘.“ Weiter führt er aus: „Wir nehmen schleichend zu, entweder indem wir uns vollstopfen oder indem wir jeden Tag ein bisschen zu viel essen – gedankenlos.“

Fernseher aus und kleine Teller

Von strengen Diäten und übermäßigen Kalorienzählen rät Buettner jedoch ab. „Der okinawanische Weg ist, alle Dinge in Maßen zu tun. Üben Sie beim Essen Achtsamkeit, indem Sie auf Ihren Körper hören.“ Alle Lebensmittel sind erlaubt, solange sie in Maßen gegessen werden – das gilt auch für Fleisch und Fisch.

Wichtiger sei, langsam zu essen, um auf die Signale des Körpers reagieren zu können. Dabei hilft es auch, Störquellen wie Smartphones oder den laufenden Fernseher aus dem Umfeld zu entfernen. Ein weiterer Tipp: Gewöhnen Sie sich an, das Essen auf kleinen Tellern anzurichten. Dadurch isst man weniger, ohne überhaupt darüber nachzudenken.

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