Chinas Regierung hat zum Auftakt des Volkskongresses ein ehrgeiziges Wachstumsziel vorgelegt. Gleichzeitig steigen die Militärausgaben erneut kräftig an. Wohin steuert die zweitgrößte Volkswirtschaft?
Trotz erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten hat sich China für das laufende Jahr ein ehrgeiziges Wachstumsziel von „rund fünf“ Prozent gesetzt. Dieses Ziel nannte der chinesische Ministerpräsident Li Qiang zum Auftakt des Volkskongresses in Peking in seinem Rechenschaftsbericht. „Es wird nicht einfach sein, die diesjährigen Ziele zu erreichen“, schwor Li die 2872 Delegierten in der Großen Halle des Volkes ein. Man müsse „hart arbeiten“ und gemeinsame Anstrengungen aller Seiten mobilisieren.
Li machte deutlich, dass die Transformation der Wirtschaft weitergehen müsse. „Wir sollten an den Prinzipien festhalten, Fortschritt zu verfolgen und gleichzeitig Stabilität zu gewährleisten, Stabilität durch Fortschritt zu fördern und Neues zu schaffen, bevor wir Altes abschaffen“, sagte Li. Die Transformation des Wachstumsmodells müsse vorangetrieben werden.
Bereits im Vorjahr hatte China ein Wachstum von „rund fünf Prozent“ angestrebt, das letztlich leicht übertroffen wurde. Nach offiziellen Angaben des Pekinger Statistikamtes wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft schließlich um 5,2 Prozent. Kritiker bezweifeln allerdings grundsätzlich die Genauigkeit der chinesischen Wirtschaftsdaten. Dennoch gilt die Höhe des Wachstumsziels als wichtiger Gradmesser und Indikator für den wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung.
Zuletzt hatte die chinesische Wirtschaft vor allem unter der schwachen globalen Nachfrage, dem kriselnden Immobilienmarkt und dem schwachen Binnenkonsum gelitten. Der chinesische Aktienmarkt steht stark unter Druck. Wegen der ökonomischen Krise in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt dürften sich in diesem Jahr vor allem in- und ausländische Unternehmen wichtige Signale vom Volkskongress erhoffen.
Vor der Bekanntgabe hatten Beobachter ein mögliches Wachstumsziel von rund fünf Prozent als durchaus ambitioniert bezeichnet. Ein Wachstum in dieser Größenordnung sei im vergangenen Jahr leichter zu erreichen gewesen, da die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie von Nachholeffekten profitiert habe.
Wie aus dem zusätzlich veröffentlichten Haushaltsentwurf der Regierung hervorgeht, soll das Defizit bei 3 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Für 2022 waren ebenfalls 3 Prozent vorgesehen, die aber später auf 3,8 Prozent angehoben wurden. Li kündigte zudem an, dass in diesem Jahr mehr als zwölf Millionen neue Arbeitsplätze in den Städten geschaffen werden sollen. Außerdem strebt die Regierung wie im Vorjahr eine Arbeitslosenquote von rund 5,5 Prozent an. Die Inflation soll bei rund drei Prozent liegen.
Kräftig investieren will Peking erneut ins Militär. Das Verteidigungsbudget wurde laut Haushaltsentwurf um 7,2 Prozent auf 1,67 Billionen Yuan (rund 214 Milliarden Euro) erhöht. Die Entscheidung, den Etat erneut deutlich anzuheben, dürfte auch mit dem angespannten Verhältnis zu Taiwan, das China als abtrünnige Provinz betrachtet, und umstrittenen Gebietsansprüchen im Südchinesischen Meer zusammenhängen. Zwar rechnen Experten bislang nicht mit einem Kriegsausbruch in der Meerenge zwischen China und Taiwan. Allerdings strebt Peking eine Wiedervereinigung mit der Inselrepublik an – notfalls auch mit militärischen Mitteln.
Die Volksrepublik unterhält gemessen an den geschätzt zwei Millionen aktiven Soldaten die größte Armee der Welt. Chinas Verteidigungshaushalt ist in den vergangenen Jahren immer stärker als die Gesamtausgaben gestiegen. Auch lag der Anstieg meist über der Wachstumsrate der Wirtschaft. Der offizielle Militärhaushalt gibt nach Angaben von Experten allerdings nur einen Teil der wahren Ausgaben wieder, da viele Aufwendungen für die Volksbefreiungsarmee auch von anderen Etats gedeckt werden.
Der Nationale Volkskongress ist das nicht frei gewählte Parlament Chinas unter der Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei. Bei seiner jährlichen Sitzung segnen die Abgeordneten die Pläne und Ziele der Regierung von Staats- und Parteichef Xi Jinping und Ministerpräsident Li ab.