In der Silvesternacht waren die Berliner Polizei und Feuerwehr im Dauereinsatz. Alle sind sich einig, dass sich etwas ändern muss. Aber im Senat gehen die Ansichten dazu erhebliche auseinander.
Polizei, Feuerwehr und Senat in Berlin sind sich nach der jüngsten Silvesternacht mit zahlreichen Verletzten und Hunderten von Straftaten einig, dass es Konsequenzen geben soll. Unklar ist aber noch, welche genau. Im Senat gibt es dazu weiterhin keine einheitliche Linie. „Wir müssen einen gemeinsamen Weg finden. So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben“, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Anschluss an die erste Senatssitzung des neuen Jahres.
Dabei hatten Landesbrandmeister Karsten Homrighausen und der Polizeivizepräsident Marco Langner den Senatsmitgliedern die Lage geschildert und ins Gewissen geredet. Allein in den ersten beiden Stunden des neuen Jahres habe es mehr als über 600 Einsätze gegeben, durchschnittlich einen alle zwölf Sekunden, sagte Homrighausen. „Wir sind an unsere Kapazitätsgrenzen gekommen“.
Feuerwehr sieht beim Böllern eine neue Dimension
Hinzu komme, dass die Einsätze im Durchschnitt inzwischen länger dauerten. Insgesamt habe es 825 Einsätze wegen Bränden gegeben, so viel wie sonst in einem ganzen Monat. Und nicht zuletzt beim Umgang mit Pyrotechnik sieht Homrighausen eine neue Dimension.
Feuerwehrkräfte seien etwa nach der Explosion einer sogenannten Kugelbombe, die von Privatpersonen nicht legal gezündet werden darf, mit traumatisierenden Bildern konfrontiert gewesen.
Der Landesbrandmeister nannte den Vorfall in Tegel als Beispiel, bei dem ein siebenjähriger Junge lebensgefährlich verletzt wurde. „Es darf kein weiter so geben“, forderte er.
Polizei sieht mit Sorge auf Silvester 2025
Auch die zahlreichen Notrufe in der Silvesternacht seien eine Herausforderung gewesen, Homrighausen zufolge insgesamt mehr als 3.000. „Das Notrufannahmesystem war an der Grenze.“
Auch Langner betonte mit Blick auf die Erfahrungen der rund 4.000 Polizeikräfte im Einsatz: „Wir haben eine neue Dimension erlebt.“ Das gelte insbesondere für den Einsatz von Pyrotechnik in der Silvesternacht. „Gerade, was Kugelbomben angeht.“
Positiv bewertete Langner die drei Böllerverbotszonen am Alexanderplatz, an der Sonnenallee und im Steinmetzkiez in Schöneberg. Die Zahl der Straftaten dort ist aus Sicht der Polizei überschaubar geblieben.
„Aber wie wird sich die Situation nächstes Jahr darstellen?“, fragte Langner. Denn es sei nicht sicher, ob die Berliner Polizei weiterhin Unterstützung in dem bisherigen Umfang aus anderen Bundesländern bekomme, wo Einsatzkräfte an Silvester inzwischen ebenfalls oft im Dauereinsatz sind.
Spranger will ein generelles Böllerverbot
Innensenatorin Spranger mahnt ebenfalls Konsequenzen an: „Silvester hat gezeigt: Der unsachgemäße Umgang mit Pyrotechnik bleibt ein großes Problem.“ Die SPD-Politikerin wiederholte ihr Plädoyer für ein generelles Böllerverbot.
„Wir brauchen eine Änderung im Sprengstoffrecht“, sagte Spranger. Gleichzeitig sollen die Bundesländer die Möglichkeit bekommen, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Nötig sei ein grundlegender Bewusstseinswandel bei dem Thema. „Ich erwarte ein Umdenken in der EU, im Bund und auch in den Ländern.“
Sie habe in der Angelegenheit bereits mit Innensenatorin Nancy Faeser (SPD) telefoniert und einen Brief an die übrigen Innenminister der Länder geschrieben.
Allerdings gehen nicht nur bundesweit, sondern schon auf Berliner Landesebene die Ansichten dazu auseinander. „Wir haben sehr ausführlich im Senat darüber gesprochen. Es gibt hier noch unterschiedliche Meinungen“, räumte Spranger ein.
Wegner sieht Böllerverbote skeptisch
Das gilt beispielsweise für den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, der ein generelles Böllerverbot ablehnt. Senatssprecherin Christine Richter erklärte dazu, Wegner wolle keine Scheinlösungen. Zum einen seien sogenannte Kugelbomben für die private Nutzung schon jetzt verboten.
Zum anderen seien mit Blick auf die von Spranger angeregten Erlaubniszonen zahlreiche Fragen offen, etwa, wer diese schützen solle und wie kontrolliert werden könne, wenn an anderen Stellen doch geböllert werde.
Polizei und Feuerwehr seien aufgefordert, Vorschläge zu machen, was die richtigen Schlüsse aus den Erfahrungen der Silvesternacht sind. Auch Richter betonte allerdings: „Es kann nicht so bleiben, wie es ist.“
Spranger widersprach unerwartet deutlich: „Wie viele Tote brauchen wir, damit umgedacht wird?“, sagte sie. „Ich möchte eine Länderöffnungsklausel haben, damit wir einen Berliner Weg gehen können“, betonte sie nach Richters Ausführungen. „Ich bin der Meinung, dass wir langfristig ein Umdenken hinbekommen.“