Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Haftbefehl gegen Tatverdächtigen

Die deutschen Ermittlungsbehörden prüfen nach dem tödlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg frühere Warnhinweise auf den mutmaßlichen Todesfahrer Taleb A.. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, sagte dem ZDF, es müsse geprüft werden, ob den Ermittlern etwas entgangen sei. A. sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. In Magdeburg zeigten am Sonntag erneut viele Menschen ihre Trauer um die Verstorbenen und ihr Mitgefühl für die Verletzten.

Der aus Saudi-Arabien stammende A. soll Freitagabend mit einem Mietwagen in den zentralen Weihnachtsmarkt Magdeburgs gerast sein, fünf Menschen starben und gut 200 wurden teils schwerstverletzt. Als Motiv des Anschlags gab der als Islamkritiker und AfD-Sympathisant beschriebene 50-Jährige Unzufriedenheit mit der Behandlung saudiarabischer Flüchtlinge an.

BKA-Präsident Münch bezeichnete den Täter im ZDF-„heute journal“ als völlig untypisch. Der Sachverhalt selbst und die Tatbegehungsweise scheine zwar anderen derartigen Anschlägen zu ähneln. Es gebe „allerdings eine völlig andere Motivationslage“ und einen Täter, „der nicht in ein solches Raster passt“, sagte Münch zu der islamfeindlichen Haltung des Beschuldigten, der seit 2006 in Deutschland lebte.

Münch sagte, es habe im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien auf den Tatverdächtigen Taleb A. gegeben, hier sei auch ein Verfahren eingeleitet worden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt habe dann entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen. Die angezeigten Äußerungen seien aber „unspezifisch“ gewesen. Es habe auch verschiedene Behördenkontakte gegeben, Beleidigungen, auch mal Drohungen. „Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht.“ 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte zusätzliche Ermittlungen an, um herauszufinden, welche Behörden zuvor Hinweise auf den Täter hatten. „Die Ermittlungsbehörden werden alle Hintergründe aufklären. Dabei wird auch genau untersucht, welche Hinweise es in der Vergangenheit bereits gab und wie diesen nachgegangen wurde“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.

Der als Arzt in Sachsen-Anhalt arbeitende A. fiel durch radikale Äußerungen in sozialen Netzwerken auf und bei Kontakten mit der Polizei. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte mit, im Spätsommer 2023 einen Hinweis auf A. erhalten zu haben. Dieser sei an die verantwortlichen Behörden weitergegeben worden.

Der Innenausschuss des Bundestags wird nach AFP-Informationen am 30. Dezember zu einer Sondersitzung zu dem Anschlag zusammenkommen. Am selben Tag tagt voraussichtlich auch das Parlamentarische Kontrollgremium, das unter anderem die Nachrichtendienste des Bundes überwacht. Aus den Parteien kamen erste Rufe nach einer Reform bei Strukturen und Befugnissen der Sicherheitsbehörden als Konsequenz der Tat.

A. gilt nach Darstellung der Ermittler als Einzeltäter. Der Haftbefehl gegen ihn lautet auf Mord, versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung. Er befindet sich in einer Justizvollzugsanstalt.

Die Polizei Magdeburg veröffentlichte am Sonntag Angaben zum Geschlecht und Alter der fünf Todesopfer. Demnach handelt es sich bei ihnen um einen neunjährigen Jungen und vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren. 

In den sozialen Netzwerken sorgt eine Abschiedsbotschaft der Mutter des Neunjährigen für viel Anteilnahme. Ihr Sohn habe doch „keinem was getan…. er war doch erst 9 Jahre bei uns auf der Erde…. wieso du…. wieso nur“, schrieb die Frau zu einem Foto ihres Kinds. 

„Lasst meinen kleinen Teddybär nochmal um die Welt fliegen“, schrieb sie außerdem – der Beitrag fand tatsächlich viel Verbreitung und wurde bis Sonntag rund 190.000 Mal geteilt. 

Auch in Magdeburg hielten die Trauerbekundungen am Sonntag unverändert an. Vor der Johanniskirche nahe des Tatorts kamen zahlreiche Kräfte der Magdeburger Feuerwehr und hunderte Bürger zu einem Gedenken an die Opfer zusammen. An dem dort geschaffenen Gedenkort lagen hunderte Blumen und standen hunderte Kerzen.

Bereits am Samstag besuchte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Anschlagsort gemeinsam mit Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU). Scholz sprach von einer „furchtbaren, wahnsinnigen Tat“, die „zutiefst zu Herzen“ gehe. 

Am Samstagabend fand im Magdeburger Dom ein Gedenkgottesdienst für die Opfer und Betroffenen statt, an dem neben Scholz und Haseloff auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnahm.

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