Familie: „Ich habe mit meiner Mutter gekämpft, wie mit niemandem sonst in meinem Leben“

Ihre Mutter liebte Katharina von der Leyen euphorisch. Aber die Schriftstellerin musste auch Superkräfte entwickeln, um sich von der Frau, die sie geboren hatte, zu befreien.

Mütter können einem unglaublich auf die Nerven gehen. Das ist wahrscheinlich ihr Job. Nur einer von vielen und nicht der wichtigste, aber ein bedeutungsvoller: Wie sonst würde man lernen, sich rechtzeitig abzugrenzen gegen zu viel Liebe, zu viel Gutmeinen, zu viel Besserwissen? Der Grad zwischen „sein Kind lieben“ und „sein Kind kontrollieren“ ist schmal, und viele Müttern trainieren viele ihrer mütterlichen Talente erst im Laufe der Zeit durch „learning by doing“. 

Die Erstgeborenen können ein Lied davon singen, sie müssen ihren Müttern erst beibringen, was geht und was nicht, aber das macht sie in den meisten Fällen zu starken, resilienten und wehrhaften Menschen. Ich selbst bin ein ältestes Kind und erlebte früh, dass man sich in Zeiten von antiautoritären Erziehungsideen gepaart mit preußischen Vorfahren auf „Mutterinstinkt“ nicht wirklich verlassen kann.

„Als Tochter ist man immer Projektionsfläche für die Mutter“

Gleichzeitig wurde ich Erstgeborene mit einer Euphorie und einem ungefilterten Erstaunen geliebt, die meine nachfolgenden Brüder in dieser rohen Form nicht mehr abbekamen: Die Liebe für sie schien vernünftiger und entspannter.

STERN PAID 01_25 Titel Mütter

Als Tochter ist man immer Projektionsfläche für die Mutter, in guten, wie in schlechten Zeiten. Um sich aus dieser Mini-Me-Rolle zu befreien, braucht man die Super-Power der Walküren. Ich habe mit meiner Mutter gekämpft, wie mit niemandem sonst in meinem Leben – aber ich habe gleichzeitig alles von ihr gelernt, was ich weiß, und auch, was sie nicht weiß. Und auch, dass fast alle Mütter es so gut machen, wie sie eben können. 

Es mag einem so vorkommen, als sei das nicht genug oder nicht richtig – aber man kann niemandem vorwerfen, dass er ist, wie er ist (für Beschwerden gibt es Therapeuten). Es hilft, wenn man seine Mutter als erste, wichtigste Lehr-Aufgabe begreift. Wenn man das geschafft hat, kann einem nichts mehr passieren. Dann können wir fliegen.  

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