Wie erwartet, geht der Klimagipfel in Baku in die Verlängerung. Doch die COP-Teilnehmer sind tief gespalten. Arme Länder fühlen sich benachteiligt, andere mauern beim Klimaschutz.
Die Klimakonferenz in Baku steht auf der Kippe. In der entscheidenden Schlussphase haben Vertreter der Inselstaaten und Delegierte der Gruppe der ärmsten Länder (LDC) eine zentrale Verhandlungsrunde mit der aserbaidschanischen COP-Präsidentschaft verlassen. „Wir wurden nicht gehört“, begründete der Unterhändler Cedric Schuster im Namen Allianz der kleinen Inselstaaten (Aosis) diesen ungewöhnlichen Schritt.
Mit ihrer Aktion protestierten die Beteiligten gegen vorliegende Beschlussentwürfe, in denen sie ihre Interessen nicht berücksichtigt sehen. „Besser keine Vereinbarung als eine schlechte Vereinbarung“, hatte der Sprecher der afrikanischen Gruppe, Ali Mohamed, zuvor mit einem Scheitern der Konferenz gedroht. Aus EU-Delegationskreisen hieß es aber, man gehe davon aus, dass die Verhandlungen noch weitergehen würden.Bilanz COP Aserbaidschan 12:27
Hintergrund ist das Ringen um einen neuen Rahmen für die internationale Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen. Dutzende Entwicklungsstaaten hatten vehement Gelder in Billionenhöhe gefordert. Auch eine unabhängige UN-Expertengruppe kommt zu dem Schluss, dass der Bedarf an externer Hilfe bis 2030 rund 1.000 Milliarden US-Dollar pro Jahr beträgt – und sogar 1.300 Milliarden bis 2035.
Arme Länder fühlen sich in Finanzfragen benachteiligt
Aus Verhandlungskreisen wurde deutlich, dass statt der 250 Milliarden US-Dollar, die zunächst als jährliche Klimahilfen von Industriestaaten in ärmere Länder vorgeschlagen wurden, nun 300 Milliarden Dollar im Raum stehen. Zwar gibt es noch keinen neuen Entwurf für einen Beschluss, allerdings zirkulieren verschiedene Textentwürfe, gegen die es großen Widerstand von einigen Ländern gibt.
Die Entwicklungsländer insgesamt halten die angebotenen Summen für unzureichend. Bei der Protestaktion ging es aber offensichtlich auch um die Verteilung der Mittel. Die ärmsten und besonders verletzlichen Staaten dringen darauf, dass ein bestimmter Anteil davon ihnen vorbehalten wird.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bekannte sich erneut zur „historischen“ Verantwortung der Industriestaaten für den Klimawandel, auch in finanzieller Hinsicht. Sie bekräftigte zugleich mit Blick auf China und weitere Staaten, es müssten „auch die großen und reichen neuen Emittenten“ von Treibhausgasen in die Klimafinanzierung einbezogen werden. In Beschlussentwürfen hieß es dazu, weitere Staaten sollten „zu Beiträgen ermutigt werden“, allerdings „auf einer freiwilligen Basis“.
COP-Teilnehmer streiten auch um Emissionsziele
Die EU-Delegationen täten in den Verhandlungen alles, „um Brücken zu bauen“, sagte EU-Chefunterhändler Wopke Hoekstra am Samstag in Aserbaidschan. Es sei aber ungewiss, ob dies Erfolg haben werde. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einem „Machtspiel“ von Staaten mit fossilen Interessen, darunter auch die aserbaidschanische Präsidentschaft.
Ein weiterer Knackpunkt ist auch die Abkehr von den fossilen Energien, auf die sich die Staatengemeinschft im vergangenen Jahr geeinigt hatte. Die EU-Staaten pochen auf ein klares Bekenntnis zur Senkung der Treibhausgasemissionen gemäß der Beschlüsse auf der UN-Konferenz in Dubai. Eine Abkehr davon werde die EU „nicht akzeptieren“, stellte Baerbock klar.Klimafinanzierung und Emissionen 11.40
„Hier auf der Klimakonferenz in Baku befinden wir uns in der Mitte eines geopolitischen Machtspiels“, sagte Baerbock. Dieses werde von „fossilen Staaten“ leider „auf dem Rücken der ärmsten und verletzlichsten Länder“ ausgetragen. „Wir Europäer werden nicht zulassen, dass die verletzlichsten Staaten der Welt, insbesondere die kleinen Inselstaaten, von einigen der neuen fossilen und reichen Emittenten hier über den Tisch gezogen werden“, fügte die Ministerin hinzu – „und das im Zweifel auch noch mit Rückendeckung der COP-Präsidentschaft„.
Saudi-Arabien und weitere Staaten wenden sich gegen das Bekenntnis von Dubai. Baerbock drang hingegen auf eine Orientierung am 1,5-Grad-Pfad des Pariser Klimaschutzabkommens. Von unterschiedlichen Seiten gab es in Baku teils heftige Vorwürfe gegen die Verhandlungsführung durch die Präsidentschaft. Diese würde vorliegende Kompromissvorschläge nicht berücksichtigen und Gruppen von Staaten von Konsultationen ausschließen, hieß es.
Wegen der schleppenden Verhandlungen ist die Weltklimakonferenz in die Verlängerung gegangen. Eigentlich hatte sie am Freitagabend enden sollen. Die Konferenz hätte eigentlich am Freitagabend enden sollen, ging aber in die Verlängerung. Die Präsidentschaft setzte am Samstag für 19.00 Uhr (Ortszeit; 16.00 Uhr MEZ) das Abschlussplenum an. Dies galt allerdings angesichts der noch offenen Streitfragen und weiter laufenden Debatten als sehr ungewiss.