Streit um Klinikreform: Brandenburgs geschäftsführende Landesregierung zerbrochen

Ein Machtkampf um die Krankenhausreform hat die geschäftsführende Brandenburger Landesregierung auseinanderbrechen lassen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ in dem Streit am Freitag zunächst seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), woraufhin auch ihr Parteikollege und Agrarminister Axel Vogel hinwarf. Die Grünen und auch der zweite bisherige Koalitionspartner CDU kritisierten Woidke scharf.

Woidke erklärte den Rauswurf Nonnemachers damit, dass er im Bundesrat eine Anrufung des Vermittlungsausschusses für die Krankenhausreform erreichen wollte und Nonnemacher diese Haltung seiner Regierung nicht mitgetragen habe.

„Ich kann als Ministerpräsident, auch für das öffentliche Bild des Landes Brandenburg, nicht zulassen, dass ein klares Votum, das wir auch im Land haben, eine klare Meinung, hier im Bundesrat konterkariert wird durch eine Ministerin, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben von mir beauftragt ist“, sagte Woidke Phoenix. Den Sendern RTL und ntv sagte er: „Ich kann mir da nicht auf der Nase rumtanzen lassen.“

Nonnemacher sagte nach ihrer Entlassung vor Journalisten, sie habe ihre Position in der Koalitionsrunde vor der Bundesratssitzung vertreten. Woidke habe ihr daraufhin angedroht, sie noch vor der Sitzung des Bundesrats zu entlassen. Am Rande des Bundesrats habe er ihr schließlich auf dem Flur das Entlassungsdokument übergeben.

Vogel erklärte, die Entlassung seiner Parteikollegin markiere einen neuen Tiefpunkt. „Vor diesem Hintergrund ist keine Zusammenarbeit mehr möglich.“ Seinen Rücktritt habe er mit dem Grünen-Landesvorstand abgesprochen. Woidke wiederum erklärte zu dem Rücktritt, er habe Vogels Wunsch entsprochen und ihn von seinen Amtsgeschäften entbunden. Er dankte Vogel für seinen Einsatz und wünschte ihm „alles Gute“.

Die Grünen brachten den Eklat in Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen der Brandenburger SPD mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die auf der Zielgeraden sind. Die Brandenburger Grünen-Chefin Alexandra Pichl erklärte, die Koalition werfe ihre Schatten voraus. „Von der ‚Größe für Brandenburg‘, die der Ministerpräsident im Wahlkampf noch versprach, scheint nichts mehr übrig zu sein – stattdessen agiert er im vorauseilenden Gehorsam.“

CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann erklärte zum Ende der Grünen in der geschäftsführenden Landesregierung, der Schritt Vogels sei nach dem fehlenden Respekt Woidkes im Umgang mit den Grünen-Ministern nachvllziehbar. Der Ministerpräsident lasse Verantwortungsbewusstsein vermissen.

AfD-Landtagsfraktionschef Christoph Berndt erklärte, dass Woidke Nonnemacher entlassen habe, sei richtig gewesen. „Wie er es machte, nicht.“ Bei der Landtagswahl am 22. September waren die Grünen aus dem Landtag geflogen. Seitdem sind nur noch SPD, AfD, CDU und BSW im Parlament vertreten.

Ein Zustandekommen der Krankenhausreform konnte die Entlassung Nonnemachers durch Woidke dennoch nicht verhindern. Wie auch von Nonnemacher befürwortet, passierte das Projekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Länderkammer.

Die 67-Jährige war seit November 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz in Brandenburg. Bei der Landtagswahl im September verpassten die Grünen den Wiedereinzug in das Landesparlament.

Woidke verhandelt für die SPD derzeit mit dem BSW über eine Regierungsbildung. Die beiden Parteien wollen laut Medienberichten die Krankenhausstandorte in dem Bundesland erhalten. Die Reform wird aber voraussichtlich mit der Schließung zahlreicher Kliniken einhergehen.

Nonnemacher sprach sich gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat aus, weil dies eine erhebliche Verzögerung der Reform bedeutet hätte. Zugleich verwies sie zuletzt am Mittwoch auf einige wichtige Verbesserungen, die in den Verhandlungen mit dem Bund durchgesetzt werden konnten.

Der Bundesrat machte am Freitag trotz der breiten Kritik den Weg frei für die umstrittene Reform. Ein Antrag Bayerns auf Anrufung des Vermittlungsausschusses bekam in der Länderkammer nicht die nötige Mehrheit. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) erklärte, dies sei ein schlechter Tag für die Krankenhäuser in Deutschland. Die nächste Bundesregierung müsse wichtige Nachbesserungen in die Wege leiten.

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