Verteidigungsminister Pistorius hat zur K-Frage der SPD lange Zeit gesagt, dass er nichts ausschließen wolle. Jetzt schafft er Klarheit.
Nach kontroverser öffentlicher Debatte in der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius den Weg für eine erneute Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz frei gemacht. Er teilte der Partei- und Fraktionsspitze mit, dass er nicht für eine Kandidatur zur Verfügung stehe. „Das ist meine souveräne, meine persönliche und ganz eigene Entscheidung.“
Pistorius sprach sich gleichzeitig für Scholz als Kanzlerkandidat aus. „Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat.“ Er habe eine schwierige Koalition aus drei Parteien durch die vielleicht größte Krise der letzten Jahrzehnte geführt. „Olaf Scholz steht für Vernunft und Besonnenheit.“ Das sei in Krisenzeiten wie diesen besonders wichtig. Die Nominierung von Scholz soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Montag in einer Sitzung des Parteivorstands erfolgen.
Mit Mützenich und dem „Grummeln“ in der Partei begann die Debatte
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatte sich in der SPD eine immer lauter werdende Debatte darüber entwickelt, ob es nicht besser wäre, mit Pistorius ins Rennen zu gehen. Mit Blick auf seine deutlich höheren Beliebtheitswerte und vermutete bessere Wahlchancen hatten sich immer mehr SPD-Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene offen für ihn ausgesprochen.
Die SPD-Spitze hatte sich hinter Scholz gestellt, aber nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar auch zunächst darauf verzichtet, ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Mit einer Äußerung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass es „Grummeln“ in der Partei in der K-Frage gebe, begann die öffentliche Debatte.
Pistorius wollte nur ausschließen, dass er Papst wird
Pistorius machte tagelang keine Anstalten, sie zu unterbinden. Im Gegenteil: „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht“, sagte der SPD-Politiker erst am Montag bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau. „Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu. Allerdings sagte Pistorius dann auch noch zur Kanzlerkandidatur: „In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein.“
Scholz hat seinen Anspruch früh formuliert
Scholz selbst hatte seinen Anspruch bereits im Juli erklärt, als der Bruch der Ampel-Koalition noch weit weg war: „Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden“, sagte er damals. In den vergangenen Tagen hatte er das nicht so klar wiederholt – offensichtlich um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wolle sich selbst küren.
Jetzt ist davon ausgehen, dass der Parteivorstand mit seinen 34 Mitgliedern Scholz formell nominiert. Die nächste reguläre Sitzung ist für den kommenden Montag, 11.30 Uhr, geplant. Anschließend wird am 11. Januar noch der Parteitag darüber abstimmen. Normalerweise ist das Formsache. Die erste offizielle Präsentation des Kandidaten soll aber früher stattfinden: Bei einer „Wahlsiegkonferenz“ am 30. November in Berlin.
SPD braucht extreme Aufholjagd für Erfolg
Will Scholz wiedergewählt werden, muss er eine extreme Aufholjagd hinlegen. In den Umfragen liegt die SPD aktuell mit Werten zwischen 14 und 16 Prozent noch hinter der AfD mit 18 bis 19 Prozent und weit hinter der Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), die auf Werte zwischen 32 und 34 Prozent kommt.
Scholz hatte kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“ an die Bundestagswahl 2021 erinnert. Die SPD lag damals zweieinhalb Monate vor der Wahl ebenfalls weiter hinter der Union – bis zu 16 Prozentpunkte -, bis ein Lacher von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Flutgebiet die Stimmung drehte. Bei der Wahl holten die Sozialdemokraten dann 25,7 Prozent der Stimmen und Scholz wurde Kanzler der ersten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene.