Es gibt Ämter, deren Notwendigkeit an sich schon betroffen macht: NRW hat eine neue Antisemitismusbeauftragte. Fast jeder Vierte hat hier antisemitische Einstellungen.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat die ehemalige Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) zur neuen Antisemitismusbeauftragten des Landes berufen. Gleichzeitig dankte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die das Amt seit November 2018 als Erste ausgefüllt hat, für ihr großes Engagement.
„Fast 80 Jahre nach dem Holocaust sind Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Zielscheibe von unversöhnlichem Hass“, sagte Wüst in der Düsseldorfer Staatskanzlei. Fast jeder Vierte in NRW habe antisemitische Einstellungen, zitierte er eine kürzlich vorgestellte Dunkelfeld-Studie. Solche Befunde seien schmerzhaft und inakzeptabel. „Es ist unsere Pflicht und unser Auftrag, uns Antisemitismus mit aller Kraft entgegenzustellen“, betonte der Ministerpräsident.
Die Antisemitismusbeauftragte koordiniert unter anderem präventive Maßnahmen der Antisemitismusbekämpfung und fungiert als Ansprechpartner für Opfer von antisemitischen Taten. Zudem legt sie dem Landtag jährlich einen Bericht über ihre Arbeit vor und empfiehlt in diesen Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus.
Jüdisches Leben sichtbar machen
Löhrmann unterstrich die Bedeutung des Amts in schwieriger gewordenen Zeiten. „Das Judentum war und ist konstitutiv für Deutschland„, sagte sie. Jüdisches Leben in all seiner Vielfalt sichtbar und erlebbar zu machen, könne einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus leisten. „Aufklärung, Bildung und Begegnung sind für mich die zentralen Handlungsfelder.“
Löhrmann engagiert sich bereits seit vielen Jahren auf verschiedenen Ebenen für die deutsch-israelische Freundschaft, die Verständigung zwischen den Religionen und für eine lebendige Erinnerungskultur – unter anderem im Kuratorium des deutschen Freundeskreises der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte von Yad Vashem.
Leutheusser-Schnarrenberger sagte, nach sechs intensiven und bewegenden Jahren als erste Antisemitismusbeauftragte des Landes falle ihr der Rückzug nicht leicht. Sie blicke aber mit Zuversicht auf Fortschritte, die Politik, Zivilgesellschaft sowie jüdische Verbände und Institutionen gemeinsam erzielt hätten.