Schaumstoff für Autos & Co.: Arabische Firma will Kunststoff-Konzern Covestro übernehmen

Früher war es eine Kunststoff-Sparte von Bayer, 2015 brachten die Leverkusener Covestro an die Börse und machten danach Kasse. Nun klopfen arabische Investoren als neue Eigentümer an die Tür.

Das staatliche Ölunternehmen Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten will den deutschen Kunststoffkonzern Covestro übernehmen. Die Araber bieten 62 Euro je Aktie und bewerten die Anteile des Dax-Konzerns mit 11,7 Milliarden Euro, wie die Unternehmen mitteilten. 

Außerdem will die Firma aus Abu Dhabi über eine Kapitalerhöhung neue Aktien im Umfang von knapp 1,2 Milliarden Euro von den Leverkusenern kaufen. Zusammen mit den Covestro-Schulden von rund drei Milliarden Euro will Adnoc also fast 16 Milliarden Euro investieren. Die Übernahme war schon lange erwartet worden. Das Covestro-Management unterstützt das Angebot. 

Der Analyst Chris Counihan von der US-Investmentbank Jefferies schreibt, er rechne nicht mit großen Risiken bei den anstehenden Genehmigungen – schließlich überlappten sich die Geschäfte der Konzerne nur begrenzt. Er verweist zudem auf die Zusage Adnocs, bestehende Betriebsrats- und Tarifvereinbarungen beizubehalten. Arne Rautenberg von Union Investment bewertet den Deal positiv. „Das lange Verhandeln hat sich gelohnt – sowohl für Covestro als auch für die Aktionäre“, sagt der Fondsmanager. 

Die Mindestannahmequote des Angebots soll bei 50 Prozent plus einer Aktie liegen, verschiedene Behörden bis hin zur EU müssen der Übernahme zudem zustimmen. Covestro hat mit Adnoc – der Firmenname ist das Kürzel für „Abu Dhabi National Oil Company“ – eine Investitionsvereinbarung unterzeichnet. Darin hat Adnoc bis Ende 2028 zugesichert, weder einen Beherrschungs- noch einen Gewinnabführungsvertrag abschließen zu wollen. 

Von Adnoc hieß es, der Deal sei eine zentrale Säule der Wachstumsstrategie des Konzerns. Die Araber wollen eines der weltweit fünf größten Chemieunternehmen werden. 

Covestro ist am Markt unter Druck

Zuletzt hatte Covestro in einem schwachen Wirtschaftsumfeld wie die gesamte Chemiebranche im Tagesgeschäft zu kämpfen. Ende Juli senkte der Konzern wegen der trägen Konjunktur seine Gewinnprognose. Im ersten Halbjahr sackte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,5 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro ab, unter dem Strich lag der Verlust bei 107 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2023 war es noch ein kleiner Gewinn von 20 Millionen gewesen. 

Der Weltwirtschaft fehlt weiterhin der Schwung, und die für Covestro wichtige Autoindustrie zeigte in den vergangenen Monaten ebenfalls Schwächen. Im Juni hatte Covestro angekündigt, die jährlichen Kosten bis 2028 um 400 Millionen Euro senken zu wollen, davon 190 Millionen Euro in Deutschland. Wie viele Stellen wegfallen, ist unklar. 

Covestro gehörte früher zu Bayer, die Firmenzentralen der beiden Dax-Konzerne liegen in Leverkusen in unmittelbarer Nähe. Covestro hatte zuletzt rund 17.500 Vollzeitstellen, davon circa 7.000 in Deutschland. Neben dem Firmensitz in Leverkusen sind große Standorte in Krefeld (Uerdingen), Dormagen (alle NRW) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein). Im Ausland sind große Werke in der Nähe von Houston (USA) und in Shanghai (China). Der Konzern stellt Hart- und Weichschaumstoffe sowie harte Kunststoffe etwa für die Auto-, die Bau-, die Elektronik- und die Möbelbranche her.

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