Studie: Leben statt Pendeln: Wohnen Sie in einer 15-Minuten-Stadt?

Wenn Schule, Supermarkt und Arbeit um die Ecke liegen, wird das Auto überflüssig. Forscher haben Wunsch und Wirklichkeit verglichen. Wie europäische Städte abschneiden.

Seit einigen Jahren gewinnt die Idee der „15-Minuten-Stadt“ des Pariser Stadtplaners Carlos Moreno an Popularität. Das Konzept? Statt viel Zeit beim Pendeln zu vergeuden, soll sich das Leben möglichst in einem Viertel abspielen. Kita, Schule und Arbeit, Arztpraxis, Sportclub und Supermarkt – alles, was wichtig ist, soll zu Fuß innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein. 

In einer Stadt der kurzen Wege gilt die Trennung von Arbeits- und Wohngebieten als überholt. Um sie zu verbinden, müssten Städte ihre Viertel verdichten und mit der notwendigen Infrastruktur ausstatten, statt im Vorort das nächste Neubaugebiet zu errichten. Die Vorteile liegt auf der Hand: Wer weniger unterwegs ist, hat mehr Zeit für sich, die Familie und Freunde. Quartiere würden belebt, der Autoverkehr nähme ab, zugleich reduzierten sich Staus, Lärm- und Schadstoffbelastungen. 

Die Städte denken um

Einige Metropolen kommen dem Konzept schon nahe. Im Großraum von Paris etwa sind für mehr als 90 Prozent der Einwohner die Wege kurz genug. Allerdings sind die meisten Städte über Jahrhunderte gewachsen. Weil das Fakten schafft, lässt sich das Konzept der 15-Minuten-Stadt nicht überall umsetzen. Immerhin kann die Politik gegensteuern. Und sie tut es auch: Im Berliner Stadtentwicklungsplan spielt die „Stadt der kurzen Wege“ eine wichtige Rolle. Und Wien will Radwege, öffentlichen Nahverkehr und Sharing-Angebote ausbauen, um bis 2040 zur „15-Minuten-Stadt“ zu werden.

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Die meisten Städte der Welt sind von diesem Ideal jedoch weit entfernt, vor allem in den USA. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Fachmagazin „Nature Cities“ vor kurzem veröffentlicht hat. Sie stammt von einem Forscherteam von den Sony Computer Science Laboratories und dem Centro Ricerche Enrico Fermi in Rom. Die Wissenschaftler um Matteo Bruno haben ein Analysewerkzeug entwickelt, das die Arbeit von Stadtplanern erleichtern soll, indem es berechnet, wie Kitas, Schulen, Läden und mehr verteilt werden müssten, damit die Menschen sich lange Wege sparen könnten.

Alles auf eine Karte

Online haben die Forscher für rund 10.000 Städte weltweit erfasst, wie viele Minuten die Bewohner zu Fuß oder mit dem Rad durchschnittlich zu den nächstgelegenen Zielen benötigen, unterteilt in neun Kategorien wie Bildung, Gesundheit oder Outdoor-Aktivitäten. Die Werte auf der Karte lassen sich für eine Stadt insgesamt, aber auch für einzelne Wohngebiete anzeigen. Blaue Punkte stehen dafür, dass der Fußweg im Schnitt weniger als 15 Minuten dauert, rote Punkte für mehr als 15 Minuten. Je extremer die Werte, desto satter beide Farben. 

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Die meisten roten Punkten finden sich in vielen Städten der USA, Asiens und Afrikas, wo durchschnittliche Fußwege von mehr als 30 Minuten keine Seltenheit sind, aber auch in niederländischen Städten wie Rotterdam, wo viele Menschen in Vororten leben. 

Das Auto kann stehen bleiben: Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg sind viele Orte, welche die Bewohner im Alltag aufsuchen, zu Fuß oder mit dem Rad gut zu erreichen

Städte wie Rotterdam sind in Europa eher die Ausnahme, der Kontinent ist voller blauer Punkte, vor allem in der Schweiz: Genf (fünf Minuten zu Fuß), Zürich und Basel (je sechs Minuten). In Deutschland schneidet Göttingen besonders gut ab (sieben Minuten) – aber auch in Berlin und München sind die Wege kurz (acht Minuten). Aber auch hierzulande finden sich rote Punkte. So kommen zum Beispiel Rostock, Bremen (je 18 Minuten) oder Passau (20 Minuten) relativ schlecht weg, weil ihre mangelnde Infrastruktur am Stadtrand stärker ins Gewicht fällt als die kurzen Wege in der Altstadt. 

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