Kleine Quälgeister: Experte: 2024 war für Stechmückenentwicklung außergewöhnlich

Die heißen Monate waren ideal für die Asiatische Tigermücke. Die Bekämpfung des Insekts läuft auf Hochtouren. Für das hohe Aufkommen der Stechmücken in diesem Jahr haben Fachleute eine Erklärung.

Im Kampf gegen die Asiatische Tigermücke laufen die Maßnahmen am Oberrhein auf Hochtouren. Das aggressive Insekt habe sich insbesondere in den heißen Monaten Juli und August weiter ausgebreitet, teilte die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Speyer mit. „Wir sind mehr als beschäftigt, angefangen von Beratungen und Monitoring bis zur Bekämpfung“, sagte der wissenschaftliche Kabs-Direktor Dirk Reichle der Deutschen Presse-Agentur.

Mitarbeiter im Dauereinsatz

Das Jahr 2024 und bereits der Winter 2023/2024 seien im Vergleich zu früheren Jahren in Bezug auf die Stechmückenentwicklung außergewöhnlich gewesen. „Der Winter war einer der nassesten seit der Klimaaufzeichnung 1881, und der Mai war der drittnasseste Mai seit 1881“, sagte Reichle. „Februar und März waren jeweils die wärmsten Monate seit der Klimaaufzeichnung, und der Mai war der drittwärmste Mai seit 1881. Diese Extrema hatten Auswirkungen auf die Brutstätten und die Stechmückenentwicklung.“ Das Klima habe zu größeren Bekämpfungsflächen und zur fortgeschrittenen Larvenentwicklung geführt.

„Unsere Mitarbeiter waren ab Mitte Mai bis in den Juli hinein in den Rheinauen im Dauereinsatz“, sagte Reichle. Stellenweise habe die Fläche der Rheinschnaken nicht lokalisiert werden können. „Eine Bekämpfung in stark durchströmten Bereichen verbietet sich aus ökologischen und ökonomischen Aspekten.“ Bekämpft worden seien aber alle kontrollierbaren Brutareale mit relevanten Larvendichten zwischen Weisweil im Süden und Bingen im Norden. „Der gesamte Oberrhein und landseits gelegene Druckwassergebiete.“

 

Er persönlich sehe die Bekämpfung als Erfolg, sagte Reichle. „Mir ist bewusst, dass vielleicht nicht jeder dieser Ansicht ist. Die Stechmücken waren deutlich spürbar.“ In unbehandelten Gebieten außerhalb des Oberrheins seien sogenannte Anflugraten von mehr als 300 Stechmücken pro zwei Minuten aufgetreten. „Eine solche Quote wurde am Oberrhein, wo wir tätig waren, bei weitem nicht erreicht. Wenn man objektiv behandelte und unbehandelte Gebiete vergleicht, war der Bekämpfungserfolg in diesem Extremjahr sehr gut.“

„Bekämpfungserfolg im Extremjahr sehr gut“

Nach der Bekämpfung müsse alles ausgewertet werden, sagte Reichle. „Aufgrund der zahlreichen Auflagen in den jeweiligen Bundesländern müssen die sehr umfangreichen Dokumentationen der Bekämpfungseinsätze für die zuständigen Genehmigungsbehörden noch in diesem Jahr erstellt und verschickt werden.“ Kaum sei das geschehen – beginne fast schon die nächste Saison.

In der Kabs – einem eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Verein – sind mehr als 90 Kommunen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen zusammengeschlossen. Die Arbeit der Experten ist aufwendig: Am Boden kämpfen sie sich oft durchs Dickicht, aber viele Brutstätten können nur aus der Luft bekämpft werden. Vom Helikopter aus verteilt die Kabs dann den biologischen Wirkstoff Bti, der die Larven der Stechmücken tötet.

Tagaktiv und sehr aggressiv

Gelinge es der Tigermücke, aus benachbarten Verbreitungsgebieten als „blinder Passagier“ etwa in Lastwagen oder Wohnmobilen nach Deutschland zu kommen, finde sie hier durch den Klimawandel zunehmend günstige Lebensbedingungen, konstatierte das Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen unlängst. Die Tigermücke sei – anders als dämmerungsaktive Stechmücken – tagaktiv und in ihrem Stechverhalten sehr aggressiv.

Die vielen sehr feuchten Perioden im Frühjahr und Sommer 2024 hätten Stechmücken beste Bedingungen für eine ausgeprägte Vermehrung geboten, hieß es. Die Asiatische Tigermücke nutze in Siedlungsnähe etwa Blumenuntersetzer, Sonnenschirmständer, Friedhofsvasen oder weggeworfene Kaffeebecher als Brutmöglichkeit.

Bei der Bekämpfung der Tigermücke arbeiten Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und auch Thüringen eng zusammen – zum Beispiel bei einem speziellen Maßnahmenkatalog. Dieses Tool zeichnet für Kommunen unter anderem ein Verbreitungsmuster der invasiven Art nach. „Die Tigermücke macht keinen Halt vor Ländergrenzen“, meint Marion Hemfler, Leiterin des Fachzentrums Klimawandel und Anpassung in Hessen, einer Mitteilung zufolge, „darum sind Kooperationen wie diese zwischen vier betroffenen Bundesländern so wichtig.“

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