ARD: Protestaktion stört Migrations-Debatte bei Caren Miosga – das steckt dahinter

Eigentlich sollte es bei Caren Miosga um die deutsche Migrationspolitik gehen. Doch eine Störung aus dem Publikum überschattete die Debatte. 

Der gescheiterte Migrationsgipfel von Ampel und CDU beherrschte in den vergangenen Tagen die politischen Schlagzeilen im Land. Wie kann irreguläre Migration begrenzt werden? Darüber sollte die Talk-Runde am Sonntag bei Caren Miosga diskutieren. Für Aufsehen sorgte aber ein anderer Vorfall: Mitten in einen Applaus des Studiopublikums riefen zwei Frauen wiederholt „Jin Jiyan Azadi“ – ein politischer Slogan, der die Bedeutung von Frauen hervorheben soll. Übersetzt bedeutet der Spruch „Frau, Leben, Freiheit“. Er kommt ursprünglich aus der kurdischen Frauenbewegung und wird zum Beispiel von der PKK, der Arbeiterpartei Kurdistans, verwendet, oder der Frauenbewegung im Iran.

Caren Miosga reagierte zunächst ruhig, aber die Frauen blieben laut. Miosga forderte, dass sie entweder erklären, was sie wollen oder das Studio verlassen. Eine Frau rief: „Wir fordern, dass die deutsche Medienlandschaft ihr Schweigen bricht.“ Miosga entgegnete: „Wir schweigen gar nicht.“ Die Frau aus dem Publikum setzte ihre Forderungen fort. Sie wollte, dass „immer, wenn ein Journalist stirbt, jeder Journalist sich verantworten muss.“ Danach hörte man Schritte aus dem Publikum. Offenbar wurden die Frauen aus dem Studio geworfen.

Wer waren die Störerinnen?

Die Identitäten der Aktivistinnen ist unbekannt. Die Fernsehzuschauer konnten sie nicht sehen, weil sie sich hinter zwei Plakaten versteckten. Auf denen waren die Gesichter von zwei Frauen gezeichnet. Sie sollen die kurdischen Journalistinnen Gülistan Tara und Hêro Bahadîn abbilden. Sie wurden im August durch einen mutmaßlich türkischen Drohnenangriff getötet. Die Aktivistinnen riefen die Namen der Journalistinnen, bevor sie ihre Protestaktion beenden mussten.

Seit August 2015 ist der Konflikt zwischen der Türkei und kurdischen Gruppen im Land eskaliert, nachdem jahrelange Friedensverhandlungen zwischen der AKP, die seit 2002 in der Türkei regiert, und der PKK gescheitert sind. Seitdem greift das türkische Militär immer wieder kurdische Gebiete im Nordirak und in Nordsyrien an. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnet die PKK als „Terrororganisation“.

Wie ging die Sendung von Caren Miosga weiter?

Nach der Störung lief die Debatte um die Migrationspolitik weiter. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wiederholte dabei die Forderung seiner Partei, dass Asylsuchende an den Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Laut Migrationsforscher Gerald Knaus sei Ärger mit den Nachbarländern da vorprogrammiert. Der Vorschlag der CDU würde den Europäischen Gerichtshof dazu zwingen, einzuschreiten, weil Zurückweisungen an den Grenzen gegen EU-Recht verstoßen würden.

Interview Wüst Heft 5.51

Auch Journalistin Gilda Sahebi hielt wenig von den Ideen der CDU. Sie bezeichnete den Rückzug der Partei vom Migrationsgipfel mit der Ampel als „Schauspiel“ und warf der CDU vor, von Anfang an kein ernsthaftes Interesse an einer gemeinsamen Lösung zu haben – aus Angst, dass diese erfolglos bleibe und sich negativ auf die Wahlziele der Union im nächsten Jahr auswirke. Außerdem warf sie der Partei Panikmache vor.

„Man hat das Gefühl ganz viele Menschen stehen vor den Toren Deutschlands und wollen rein“, sagte Sahebi. Man müsse einen Weg finden, über Probleme der Migration zu sprechen, ohne den Menschen Angst zu machen. Seit den 80er-Jahren werde immer wieder behauptet, es sei so schlimm wie noch nie. Doch das ist laut Sahebi nicht richtig. Die Schulen und Krankenhäuser seien nicht wegen den Migranten überlastet, sondern wegen Versäumnissen der Politik. „Die Migranten belasten uns“ sei eine Ausrede, damit man sich nicht anstrengen müsse, genügend Lehrer anzustellen oder Kliniken zu modernisieren, erklärte die Journalistin.

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