Kanzler-Pressekonferenz: Fragen an Scholz vor der trügerischen Sommer-Ruhe

„Einfach mal in die Sonne gucken.“ Das wünscht sich Olaf Scholz für seinen bevorstehenden Sommer-Urlaub. Vorher muss er aber noch ein paar Fragen beantworten.

Ukraine-Krieg, Ampel-Krach, Umfragetief – kann ein Bundeskanzler ungeachtet der aktuellen politischen Lage auch einfach mal faul sein? Olaf Scholz hat diese Frage kürzlich in einem ARD-Interview sehr klar beantwortet: Im Urlaub könne er das „ziemlich gut“, sagte er. „Wenn man da sitzt, da kann man auch einfach mal in die Sonne gucken.“

Es sind nur noch ein paar Tage, dann ist es so weit. Am Freitag hat Scholz seinen letzten offiziellen Termin, seine Teilnahme an der Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris. Danach hat auch der Kanzler drei Wochen Urlaub. Vorher muss er aber noch ein paar Fragen beantworten.

Heute Mittag, nach der letzten Kabinettssitzung vor den Regierungsferien, findet seine traditionelle Sommer-Pressekonferenz statt, die von der Bundespressekonferenz organisiert wird. Das ist der Verein, in dem etwa 900 Journalisten organisiert sind, die über Bundespolitik berichten. Bei diesen Pressekonferenzen kann zu allen Themen gefragt werden, ein paar liegen auf der Hand:

US-Wahlkampf als Gesprächsthema Nummer eins

Joe Biden war in den vergangenen zweieinhalb Jahren so etwas wie der Lieblings-Staatschef der Kanzlers. In den großen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten hat Scholz sich am US-Präsidenten orientiert. Nach dem Verzicht Bidens auf eine erneute Kandidatur stellt sich die Frage, wie der Kanzler es mit der potenziellen Nachfolgerin, Vizepräsidentin Kamala Harris, hält. Bei der Pressekonferenz dürfte es aber auch wieder darum gehen, wie sich die Bundesregierung auf einen möglichen Wahlsieg des Republikaners Donald Trumps vorbereitet. Konkrete Antworten darauf ist Scholz bisher schuldig geblieben.

Kriege ohne Ende: Ukraine und Nahost

Mit der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und dem Versprechen der Nato, dass der Aufnahmeprozess des von Russland angegriffenen Landes in das Bündnis unumkehrbar ist, sind in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen getroffen worden. Es sind aber viele Fragen offen, zum Beispiel: Was ist, wenn die USA bei einem Wahlsieg Trumps die Hilfe für die Ukraine einstellen? Und war der Schweizer Friedensgipfel nur eine Luftnummer oder folgt ihm doch noch ein irgendwie gearteter Friedensprozess?

Noch nicht ganz so lange wie der Krieg in der Ukraine, aber auch schon mehr als neun Monate dauert der Krieg in Gaza nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird heute vor dem US-Kongress in Washington eine mit Spannung erwartete Rede halten – aber erst nach der Pressekonferenz von Scholz.

Streitpotenzial für die Ampel bleibt

Der mühsam errungene Kompromiss zum Bundeshaushalt 2025 ist längst noch nicht unter Dach und Fach: Es gibt noch eine Finanzierungslücke von acht Milliarden Euro, die gestopft sein soll, bevor der Entwurf am 16. August an Bundestag und Bundesrat geschickt wird. Zwar haben Scholz, Habeck und Lindner dafür Ideen entwickelt. Es wird aber noch geprüft, ob diese verfassungsrechtlich überhaupt tragen. Unter anderem geht es um ungenutzte Gelder für die Gaspreisbremsen, die gerade noch bei der Förderbank KfW liegen. Noch gibt es kein Prüf-Ergebnis. Sollten die Experten aber Bedenken haben, könnten SPD, Grüne und FDP den Haushalt wieder aufschnüren müssen. 

SPD im Tief – Zweifel am Kanzler

Neben der Lage der Ampel dürfte es auch noch um die der SPD gehen, die bei der Europawahl zuletzt mit 13,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit mehr als 130 Jahren bei einer nationalen Wahl eingefahren hat. Die Partei steht längst nicht mehr so geschlossen hinter ihrem Kanzler, wie es nach dem Wahlsieg 2021 war. Einer aktuellen Forsa-Umfrage für das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zufolge ist lediglich ein Drittel der SPD-Mitglieder davon überzeugt, dass Scholz bei der Bundestagswahl 2025 wieder Kanzlerkandidat der Partei werden sollte. Ebenfalls ein Drittel meinen, Verteidigungsminister Boris Pistorius hätte bessere Chancen. Der ist seit Monaten in den Umfragen stabil beliebtester Spitzenpolitiker Deutschlands. 

Am 1. September stehen die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen an, die die Sozialdemokraten in neue Turbulenzen stürzen könnten. In beiden Ländern liegt die SPD in den Umfragen im einstelligen Bereich und die AfD ist stärkste Kraft. Nicht minder gefährlich ist die Wahl in Brandenburg Ende September für die SPD, wo sie um ihren Ministerpräsidenten Dietmar Woidke bangen muss. 

Sommer-Ruhe: Nur ein frommer Wunsch?

In dem ARD-Interview sagte Scholz übrigens auch noch diesen Satz in der Vorfreude auf seinen Urlaub: „Ich freu mich darauf, dass Ruhe herrscht.“ Das könnte ein frommer Wunsch bleiben. Am kommenden Dienstag, Tag vier des Urlaubs von Olaf Scholz und seiner Frau Britta Ernst, urteilt das Bundesverfassungsgericht über das umstrittene neue Wahlrecht, das die Ampel vergangenes Jahr beschlossen hat. Sollte es gekippt werden, könnte es mit der Ruhe schon dann wieder vorbei sein.

 

 

 

 

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