HIV: Dragqueens und „Silver Zone“: Community bei Aids-Konferenz

Bunt, lebendig und entschlossen zum Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung: So präsentiert sich beim Welt-Aids-Kongress die internationale LGBTQ-Community.

Dragqueens laden zu einer Art Aerobic-Workshop, ein Film erzählt die Geschichte eines mit HIV lebenden Kindes und anderer Menschen in der Ukraine, Aktivisten werben mit Kondomen zum Mitnehmen für einen offenen Umgang mit Sexualität. Gut 200 NGOs, Organisationen und Vertreter unterschiedlicher Communitys präsentieren sich in einer Halle der Welt-Aids-Konferenz in München beim Global Village. 

Dieser Part des Kongresses ist frei zugänglich und soll die Menschen, die sich für Anliegen der HIV-Community einsetzen, zusätzlich zum wissenschaftlichen Teil zusammenbringen sowie die Öffentlichkeit aufzuklären. Sie eint der Kampf gegen die Weiterverbreitung des Virus, aber auch gegen Stigmatisierung und Diskriminierung. 

Ort für Austausch

„Es geht darum, einen lebendigen Ort zum Austausch zu schaffen und das Thema erlebbar zu machen“, sagt Tobias Weismantel, Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe und Co-Vorsitzender des Global Village. „HIV ist ein globales Problem.“ Es sei nur zu lösen, wenn man weltweit zusammenarbeite. Es reiche nicht zu sagen, Deutschland sei ein Niedrig-Inzidenz-Land. 

„Ich bin Juliana, geboren mit HIV. Und ich bin ein Game-Changer“, hat eine Frau selbstbewusst mit einem pinkfarbenen Post-it an eine Tafel gepinnt. Die Konferenz, zu der gut 10.000 Teilnehmende erwartet werden, schafft Raum für Menschen, die mit HIV leben, für Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft. 

Am Montagabend zum Auftakt der Konferenz hatten sich die Gäste aus aller Welt bunt und kämpferisch gezeigt. „Trans-rights now“, skandierte eine Gruppe am Ende der Eröffnungszeremonie, bei der unter dem Applaus Hunderter Zuhörer der ugandische Transmann Jay Mulucha schilderte, wie gefährlich das Leben für HIV-positive Transgender-Personen in Uganda sei. Es sei wichtig, gehört zu werden, rief er den Zuhörern zu. In Uganda, das bisher gute Fortschritte im Kampf gegen HIV gemacht hat, droht seit 2023 bei „schwerer Homosexualität“ die Todesstrafe. 

Ältere Menschen mit HIV

In einer „Silver Zone“ im Global Village geht es speziell um ältere Menschen, die mit HIV leben. Diese Menschen müssten oft viele Medikamente nehmen, manche hätten eine lange HIV-Geschichte hinter sich, teils mit vielen Komplikationen, sagte der örtliche Kongresspräsident Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

Teils seien sie zudem ein Leben lang diskriminiert gewesen, ergänzte Weismantel. Manche hätten noch unter dem 1994 abgeschafften „Schwulen-Paragrafen“ 175 gelitten, der seinerzeit Sex zwischen Männern unter Strafe stellte. 

Offener Umgang

Fernanda Galvis, Projektmanagerin von LetsStopAids aus Kanada, berichtet von Schulbesuchen. „Ich gehe in Schulen – und manchmal haben die Schüler noch nie von Aids gehört.“ An dem Stand sind provokativ Dildos aufgebaut, auf die Besucher als kleines Gewinnspiel Ringe werfen können. Es gehe darum, den Umgang mit Sexualität nicht zu tabuisieren, sagte Galvis. 

Nur Aufklärung und ein offener Umgang ermögliche es jungen Menschen, für sich die richtige Entscheidung zur Prävention zu treffen. Neben Kondomen setzen viele inzwischen auf die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), ein Medikament, das täglich oder gezielt vor Risikokontakten genommen werden kann und eine Ausbreitung des Virus im Körper verhindert.

Kondome, wenngleich in großer Zahl beim Global Village an die Besucherinnen und Besucher verteilt, bleiben Experten zufolge eine wirksame und kostengünstige Methode zur HIV-Prävention, jedoch werden sie, so ist von verschiedener Seite auf der Konferenz zu hören, immer weniger genutzt. 

 

 

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