Für Wild- und Hausschweine ist sie tödlich: Die Afrikanische Schweinepest hat Rheinland-Pfalz erreicht. Für die Eindämmung der Tierseuche wird zu besonderen Maßnahmen gegriffen.
Anfang Juli erreichte die Afrikanische Schweinepest (ASP) nach einem ersten Fall im benachbarten Südhessen auch Rheinland-Pfalz. Seitdem wird mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen versucht, eine Ausbreitung der für Wild- und Hausschweine tödlichen Seuche Herr zu werden. Am augenfälligsten ist die Errichtung eines rund 30 Kilometer langen Elektrozauns in Rheinnähe südlich von Mainz.
Bislang fünf Fälle in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz sind bislang offiziell fünf Fälle der Afrikanischen Schweinepest gemeldet worden. Das geht aus dem Tierseucheninformationssystem des Friedrich-Loeffler-Instituts hervor. Demnach ist die Seuche bei vier Wildschweinen im Kreis Alzey-Worms und bei einem Wildschwein im Kreis Mainz-Bingen nachgewiesen worden. Hausschweine waren demnach bislang nicht betroffen.
Nach Angaben des bislang aktuellsten Lageberichts des Umweltministeriums vom Freitag (Stand 14 Uhr) gibt es zudem vier neue Verdachtsfälle bei Wildschweinen. Diese liegen demnach alle in den bereits betroffenen Landkreisen Alzey-Worms und Mainz-Bingen.
Was genau ist die Afrikanische Schweinepest und was macht sie gefährlich?
Die Viruserkrankung, die Haus- und Wildschweine befallen kann, ist für den Menschen ungefährlich. Bei den Vierbeinern führt sie allerdings in „nahezu allen Fällen zum Tod des Tieres innerhalb einer Woche“, schreibt das LUA. Im Gegensatz zur Klassischen Schweinepest gibt es gegen die Afrikanische Schweinepest keinen Impfstoff.
Neben der direkten Übertragung kann das Virus auch über infizierte Lebensmittel eingeschleppt werden. „Im ungünstigen Fall reicht ein Wurstbrot aus, um die hiesigen Wild- und Hausschweine anzustecken“, heißt es vom LUA. Jäger und Jägerinnen sollten zudem nach einer Jagd in Gebieten mit der Krankheit Schuhe, Kleidung und Messer gründlich reinigen. „Ein getrockneter Blutstropfen von einem infizierten Wildschwein kann ausreichen, um hiesige Tiere zu infizieren.“
In den Leitlinien der EU zur ASP wird die Tierseuche als „eine verheerende, in der Regel tödlich verlaufende infektiöse Erkrankung von gehaltenen Schweinen und Wildschweinen“ bezeichnet. Sie stelle eine ernsthafte Bedrohung für Schweinehalter weltweit dar, könne schwerwiegende Gesundheitsfolgen für landwirtschaftliche Betriebe haben, den internationalen Handel mit Tieren und tierischen Erzeugnissen nachhaltig beeinträchtigen und massive wirtschaftliche Verluste verursachen.
Was wird in Rheinland-Pfalz gegen die Ausbreitung getan?
Es wurden Sperrzonen eingerichtet, in denen besondere Regelungen gelten. Insgesamt erstreckt sich laut dem Lagebericht des Umweltministeriums eine sogenannte Restriktionszone über rund 49.500 Hektar, davon sind rund 932 Hektar Wald, mehr als 36.000 Hektar sind landwirtschaftlich genutzte Fläche. In diesem Areal liegen demnach 42 Betriebe mit 599 Schweinen.
In einer Allgemeinverfügung des Kreises Mainz-Bingen heißt es etwa, dass aus der „Infizierten Zone“ keine lebenden Wildschweine, keine in der Zone erlegten Wildschweine und auch keine Wildschwein-Erzeugnisse gebracht werden dürfen. Für das Areal gilt eine Leinenpflicht für Hunde. Veranstaltungen mit Schweinen, wie Messen oder Versteigerungen, sind verboten. Jedes entdeckte, tote Wildschwein ist den Kreisverwaltungen zu melden. Schweinebetriebe müssen Desinfektionsmaßnahmen ergreifen, auch Tiere aus Betrieben dürfen die Zone nicht verlassen.
Im Umweltministerium in Mainz wurde ein ASP-Krisenzentrum eingerichtet. Mit Drohnen werden festgelegte Gebiete überflogen, um Wildschwein-Aufkommen und -Kadaver zu entdecken. Koordiniert werden die Drohneneinsätze laut Ministerium von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF).
Langer Elektrozaun soll helfen
Entlang der Bahnstrecke nahe der Bundesstraße 9 am Rhein südlich von Mainz voraussichtlich etwa von Nackenheim bis nach Guntersblum soll demnächst ein rund 30 Kilometer langer Elektrozaun aufgestellt werden. Er soll verhindern, dass die Afrikanische Schweinepest in andere Regionen getragen wird. Über weitere Zäune wird nach Angaben der Kreisverwaltung Mainz-Bingen nachgedacht, etwa entlang der Autobahn 63. Der Kreis Mainz-Bingen forderte außerdem dazu auf, in Rheinnähe zwischen Oppenheim und Guntersblum keine touristischen Aktionen und Festivitäten durchzuführen – die großen Weinfeste in dortigen Kommunen sind aber explizit nicht gemeint.
Auch beim Landesjagdverband in Rheinland-Pfalz ist die Afrikanische Schweinepest großes Thema. Über einen Partner werden für Mitglieder kostenlose Schulungen für Drohnenpiloten angeboten. Darüber hinaus suchen Jäger mit ausgebildeten ASP-Kadaversuchhunden nach infizierten Schweinen. Jäger, die ihre Reviere sehr gut kennen, beraten vor Ort bei der Seuchenbekämpfung. Der Verband ist nach eigenen Angaben in enger Abstimmung mit dem Umweltministerium. Sollte es zu einem Ausbruch in einem Hausschwein-Bestand kommen, was bislang nicht der Fall war, erhält der betroffene Betrieb eine Entschädigung. Die wird laut Umweltministerium zur Hälfte von der Tierseuchenkasse und dem Land getragen.
Ausbruch im Zoo wäre „Vollkatastrophe“
Für den Landauer Zoodirektor Jens-Ove Heckel wäre ein Ausbruch im Tierpark „eine Vollkatastrophe“. „Das ist der schlimmste anzunehmende Fall, der nie eintreten darf, nie eintreten soll“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Aber selbst ein totes infiziertes Wildschwein in irgendeinem Getreidefeld im südlichen Rheinland-Pfalz hätte dramatische Auswirkungen auch für uns, weil das ein Ernteverbot in der betreffenden Region bedeuten würde. Also: Je näher die Schweinepest rückt, umso ernster ist sie zu nehmen.“
Das Problem sei: „Es gibt keinen Impfstoff, keine Chance der Vorbeuge“, erklärte Heckel. Natürlich werde geforscht. „Aber da reden wir nicht über Monate, sondern über Jahre.“ Als Vorsitzender der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) habe er auch den internationalen Blick. „Ich sehe die dramatischen Folgen der Schweinepest vor allen Dingen in Südostasien, wo die höchst bedrohten Wildschweinarten ihr letztes Zuhause haben. Die Tiere sind in ihrem natürlichen Lebensraum existenziell bedroht.“ Es sei gut, dass die ZGAP das Pustelschwein 2022 zum Zootier des Jahres erklärt habe, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen, sagte Heckel.