Huriye Özener ist Sprecherin der International Doner Federation. Ihr Ziel: den deutschen Döner in seiner jetzigen Form verbieten. Hat sie Erfolg, essen wir bald „Drehbraten“.
Für ihn werden Vegetarier zu Fleischessern und Nazis kulturoffen: der Döner. Nun ist das wohl beliebteste Fast Food der Deutschen in Gefahr. Das Gesicht der Empörung: Huriye Özener, Patentberaterin aus der türkischen Hauptstadt Ankara und Sprecherin der International Doner Federation, kurz UDOFED, zu der sich eine Reihe türkischer Döner-Produzenten zusammengeschlossen hat.
Sie hat einen Antrag bei der EU gestellt, der Namen, Preis und Rezept des deutschen Döners grundlegend ändern könnte. „Wir haben die Registrierung für den traditionellen Döner eingeleitet“, so Özener. Einschließlich des zu verwendenden Fleisches, des Marinierens und Aufspießens und der genauen Garzeit.
Der Döner soll „traditionelle Spezialität“ werden. Ein Problem für die kaum regulierte deutsche Kebab-Industrie, die Hähnchen gerne mal als Kalb verkauft und sich nicht immer an den gesetzlichen Hackfleischanteil hält. Hat Özener Erfolg mit ihrem Antrag, dürfte Döner nur noch Döner heißen, wenn er genauen Anforderungen entspricht.
Döner als „Geschmackskultur, die auf die osmanische Zeit zurückgeht“
„Die Registrierung ist sehr wichtig für uns“, sagt Özener, die Chefberaterin der International Doner Federation ist. Für sie sei es eine Ehre und ein Glück, Döner im Namen der UDOFED in 140 Ländern vertreten zu dürfen. „Wir sprechen hier über eine Geschmackskultur, die auf die osmanische Zeit zurückgeht.“
Der Vorstoß von Özener und UDOFED ist nicht der erste seiner Art. Immer wieder versuchen Schutzvereine oder Produzenten dem Döner das Siegel „traditionelle Spezialität“ zu erstreiten – zuletzt der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID), dessen Antrag im März gestellt wurde.
Auf EU-Ebene hat das bisher nie funktioniert. Auch harte Gesetze gibt es in Deutschland nicht – nur Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission (DLMBK), die 1991 das erste Mal festgeschrieben wurden.
Ein echter Dönerspieß darf demnach nur aus Rind-, Kalb- oder Schaf-Fleischscheiben bestehen. Außerdem darf der Hackfleischanteil maximal 60 Prozent betragen. Als Zutaten sind nur Zwiebeln, Öl, Eier, Milch, Joghurt, Salz und Gewürze erlaubt. Sind andere als die erlaubten Zusatzstoffe enthalten oder der Hackfleischanteil zu hoch, darf der Döner nur unter anderem Namen verkauft werden.
Döner-Branche pfeift bisher auf Vorgaben
Trotz vieler Kontrollen stellen die Behörden aber immer wieder fest: Die Branche pfeift auf die Vorgaben. 2021 beanstandete zum Beispiel das bayerische Gesundheitsamt 83 Prozent der untersuchten Döner im Freistaat. In der Regel lagen Kennzeichnungsmängel vor. Was eigentlich ein „Drehspieß“ war, wurde als Döner verkauft.
Der Antrag der International Doner Federation würde die Vorgaben, die heute schon missachtet werden, noch mal verschärfen. Er enthält sogar genaue Anweisungen, wie das Fleisch vom Spieß abgeschnitten werden soll: von oben nach unten, in zwei bis fünf Millimeter dicken Streifen, mit einem circa 55 Zentimeter langen Dönermesser. In welches Brot das Fleisch kommt und welche Soße und Salatmischung auf das Fleisch, behandelt der Antrag dabei nicht.
Sollte der Antrag Erfolg haben, würde der türkische Döner auf eine kulinarische Stufe gehoben mit spanischem Serrano-Schinken, italienischem Mozzarella-Käse und dem einzigen deutschen Lebensmittel dieser Güte: der Kräuterhefe. Dabei handelt es sich um drei von knapp 90 Bezeichnungen für „garantiert traditionelle Spezialitäten“, die bisher von der EU geschützt werden.
„Döner führte zu einem totalen Austausch und kultureller Einheit“
Würde die EU Özeners Anliegen unterstützen, würden wir wohl bald keine Döner mehr bestellen, sondern womöglich „Fleischtasche“ oder „Drehbraten“. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA sieht das kritisch, wie tageschschau.de berichtet: „Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Döner-Gerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten.“
Von Vorteil sei das für Döner-Liebhaber eher nicht: „Denn bei dem Antrag geht es explizit nicht um die Frage von Qualitätsstandards, sondern darum, was in Deutschland unter einem Döner zu verstehen ist.“
Doch ob das Verfahren überhaupt Erfolg hat, schätzt der EU-Abgeordnete Marion Walsmann gegenüber tagesschau.de als unwahrscheinlich ein: „Es gibt gerade beim Döner viele Streitigkeiten bezüglich dessen Herkunft. Es ist also unklar, wer genau die geistigen Eigentumsrechte halten könnte.“ Denn selbst wenn die Ursprünge des Döners in der Türkei liegen, sei er in Deutschland durch türkische Einwanderer eingeführt worden.
Özener selbst sagt zu den deutsch-türkischen Beziehungen: „Durch die Arbeitsmigration der Türken nach Europa verbreitete sich der Döner in Europa und anderen Ländern. Döner führte zu einem totalen Austausch und kultureller Einheit.“